1000 Jahre Wathlingen: Die kleine Urne

(mt) Im Frühjahr 1951 fand Kalle Mösing sen. eine 11 cm hohe, eisenzeitliche Urne auf seinem Spargelfeld. Es ist eine Beigabe zu einem Flächengrab, das zwischen 600-500 v. Chr. angelegt wurde. Wahrscheinlich haben Menschen schon vor 2500 Jahren ihre Toten gerne auf den Wathlinger Hügeln begraben, damit die Hochwasser der Fuhse die Totenruhe ihrer Ahnen nicht stören. Weil es aber bei diesem Einzelfund blieb, wird nicht vor einer durchgehenden Besiedlung der Wathlinger Feldmark ausgegangen. Die Politik sorgte sich, dass die Bauarbeiten für den neuen Aldi-Markt durch neue Funde verzögert werden könnten. Es blieb aber bei der kleinen Urne, die im Bomann-Museum in Celle inventarisiert ist. Der Straßenname „Am Urnenfeld“ erinnert an den Fundort.

1000 Jahre Wathlingen: Der sächsische Gau Flutwide

(mt) Der Gau „Flutwid(d)e“ war Teil der sächsischen Provinz Ostfalia. Der Begriff „Gau“ ist im Mittelalter eine neutrale Raumbezeichnung ohne feste territoriale Grenzen, die mehrere Siedlungselemente eines Raumes umfasste. Die heutigen Städte Burgdorf, Burgwedel, Lehrte, die Gemeinden Edemissen, Isernhagen und Uetze sowie die Samtgemeinden Flotwedel, Meinersen und Wathlingen liegen auf dem Gebiet des damaligen Gaus „Flutwid(d)e“. Vor 1000 Jahren übte Graf Tammo (auch: Thankmar genannt), ein Bruder des Hildesheimer Bischofs Bernward, hier die weltliche Herrschaft aus.

1000 Jahre Wathlingen: Der Ortsname

(mt) Über die Entstehung des Ortsnamens „Wathlingen“ (im Mittelalter „Waditlagun“ oder „Waitlogon“) gibt es unterschiedliche Deutungen. Durchgesetzt hat sich folgende: Der Name „Wathlingen“ ist mit seiner sumpfigen und feuchten Umgebung in Verbindung zu bringen und bedeutet: „Lage in feuchter Gegend“. Unstrittig ist dabei der zweite Namensteil, der zweifelsohne als „Lage“ oder „liegen“ zu übersetzen ist. In der Umgebung gibt es dazu viele Entsprechungen wie z. B. „Langlingen“, „Sandlingen“, und selbst Celles „Blumlage“ sind anzuführen. Mehrere Deutungen lässt allerdings der erste Namensteil zu. „Wadit“ ist der Dativ, Plural zu mittelhochdeutsch „wade“ oder „wate“, einem Fischernetz für seichtes Wasser. Auch die Vermutung, der erste Namensteil sei eine Abwandlung von „wad“ = „Furt“, findet sich. In beiden Fällen besteht ein Zusammenhang zu Wathlingens feuchter Umgebung an den Ufern der Fuhse. Nicht überzeugen konnte der Zusammenhang mit der Schreibung „waltleghe“ aus dem 13. Jahrhundert für einen Ort mit waldiger Umgebung. Diese Deutung will nicht so recht zu Wathlingens Umgebung passen. Schließlich könnte Wathlingen auch ganz einfach der Name der Gründersippe sein, der sagenhaften „Herren von Wathlingen“, die aber bereits 1575 ausgestorben sein sollen. Diese Deutung bringt uns aber keinen Schritt weiter, weil die Suche erneut beginnen müsste.

1000 Jahre Wathlingen: Die erste Erwähnung

(mt) 1010 begann der Bau dieses romanischen Architekturwunders, der Klosterkirche St. Michael in Hildesheim. Unser Wathlingen wird erstmals in einer Urkunde erwähnt, die auf das Jahr 1022 datiert ist und diesem Kloster Güter in Wathlingen (Waditlagun) bestätigt. Allerdings wissen Urkundenforscher spätestens seit 1865, dass dies eine „unechte“Urkunde aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ist. Dennoch verwenden sie nicht das hässliche Wort „Fälschung“, weil die Forschung seit langem davon überzeugt ist, dass dem Schreiber der unechten Urkunde eine Güterliste des Klosters St. Michael vorgelegen haben muss, die in dem Zeitraum 1019 bis 1037 entstanden ist. Wathlingen wird in dieser Urkunde an 129. von 154 Stellen als ein Ort genannt, in dem das Kloster Güter besitzt. Die betreffenden Zeilen der Liste lauten: [Dem Kloster St. Michael gehören Güter]: „In pago Flutwidde in prefektura Tammonis (Im Gau Flutwidde in der Grafschaft Tammos [960-1037]): Alenhusen, Eddinkhusen, Scelhusen, Wendelingeroth, Hardeshem, Utisson, Siradisson, Scheplice, Waditlagun.“

1000 Jahre Wathlingen: Die Fuhse

(mt) Den größten Teil ihres Weges hat die Fuhse bereits zurückgelegt, wenn sie die Wathlinger Feldmark erreicht. Gespeist aus mehreren Bächen im Oderwald hinter Wolfenbüttel, überwindet sie auf ihren 100 Flusskilometern 102 Höhenmeter mit einem Sohlgefälle von 1 ‰, um in Celle in die Aller zu münden.

Seit Anbeginn ist die Fuhse Lebensader und Geißel für Wathlingen. Bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mäanderte sie gemächlich durch den fruchtbaren Wathlinger Wiesengürtel, den sie zu Zeiten des Hochwassers in eine gefährliche Sumpflandschaft verwandelte. Der Flurname Hellebruch (=Höllenbruch) zeugt noch von der Gefährlichkeit des Sumpfgeländes an den Flussufern; heute verzichten viele Bauherren wegen des hohen Grundwasserspiegels und der Hochwassergefahr auf einen Keller.

1876 gründeten die Wathlinger Bauern auf Geheiß der Obrigkeit eine Staugenossenschaft. Ziel war es, durch ein umfangreiches Be- und Entwässerungssystem den Heu-Ertrag der Wiesen zu verbessern. Dies ging zwar zu Lasten der Mücken, Frösche, Reiher und Störche, aber die Bauern konnten jetzt so viel Heu ernten, dass sie ihren Viehbestand vergrößern und überschüssiges Heu bis nach Hannover verkaufen konnten. Heute gilt es, die Fuhse zu renaturieren und über die Partnerschaft Fuhse-Aue-Erse die Hochwassergefahr zu bannen.

1000 Jahre Wathlingen: Adlige Gutshöfe

(mt) Seit dem 13. Jahrhundert änderte sich die Herrschaftsorganisation. Die Herzöge übergaben ihren freien Rittern und Ministerialen abhängige Lehngüter und abgabepflichtige Höfe mit den Bauern. Diese „Sattelgüter“ waren von der Steuerlast befreit, mussten aber dem Herzog Rechte auf ihrem Land zugestehen und im Kriegsfall berittene Reiter stellen. Es blieben aber eher bescheidene Dimensionen, in denen wir uns den adligen Lebensstil auf den Sattelgütern vorzustellen haben. In einem Dorf entstanden nur selten flächenmäßig geschlossene Gutsherrschaften. Die Besitzungen waren meist in Streulage über mehrere Orte zersplittert.

In Wathlingen gab es vier dieser Sattelgüter, die im Laufe der Jahrhunderte mehrmals den Besitzer wechselten. Entweder starben die Familie aus oder sie gerieten in ökonomische Nöte. Eine Besitzkonzentration war die Folge. In unserem Dorf sicherte sich die Familie von Dageförde nach und nach eine Vorrangstellung. Anfang des 17. jahrhunderts mündete diese in den Bau einer repräsentativen Wasserburg außerhalb des Dorfes an der Straße nach Eicklingen. Man kann sich vorstellen, dass die von Dageförde mit dem anderen alteingesessenen Adelsgeschlecht von Offensen oft in Streit gerieten. Als der letzte männliche Erbe derer von Dageförde 1616 im Alter von nur 34 Jahren verstarb, fielen die hoch verschuldeten Familiengüter an den Herzog in Celle zurück. 1634 kaufte der Stammvater der Familie von Lüneburg, Herzog August der Ältere, dieses Lehngut seinen Brüdern ab. Zukäufe wie 1731 das Offensensche Gut arrondierten den Besitz der Familie von Lüneburg. Um 1800 wurde die alte Wasserburg aufgegeben und auf dem Gelände der Vorburg das neue Gutshaus errichtet. Das Gut wird heute von den Nachfahren der von Lüneburgs, der Familie von Reden, bewohnt und bewirtschaftet.

1000 Jahre Wathlingen: Der Freischütz

(mt) Vor 100 Jahren gründeten Wathlinger Bürger am 19. Februar den Verein „Freischütz“. Der sagenhafte Name bezeichnet einen Jäger, dessen magische Kugeln jedes Ziel – und mag es auch um die Ecke liegen – treffen. Dass dabei stets ein Pakt mit dem Teufel im Spiel ist, hat die Gründungsväter nicht weiter gestört.

Die Wurzeln der Wathlinger Schützentradition reichen aber viel weiter zurück. Entstanden sind die Schützenbruderschaften zuerst in den Städten des Mittelalters. Sie hatten die Aufgabe, Haus und Hof in Kriegs- und Krisenzeiten zu verteidigen. Als im 17. Jahrhundert die Landesherren mehr und mehr dazu übergingen, ein stehendes Heer zu unterhalten, verloren die Schützenbruderschaften ihre ursprüngliche Aufgabe. Aus den Selbstschutzverbänden wurden Vereine, die nun auch unter den reichen Vollbauern der Dörfer Nachahmer fanden. Schon 1669 soll es in Wathlingen eine Schützengilde gegeben haben, die Wettbewerbe mit Schießübungen und einem anschließenden Fest organisiert hat. Als es im Dorf weder einen Tanzsaal noch ein Tanzzelt gab, war es Brauch, dass die Vollbauern das Fest reihum auf ihrem Hof ausrichteten. Aber nicht jedes Fest in Wathlingen endete fröhlich. 1669 setzte ein übermütiger junger Schütze beim Scheibenschießen das Strohdach eines Bauernhauses in Brand. Das Feuer breitete sich rasch aus und zerstörte mehrere Gehöfte.

Der Verein erwarb eine Wiese an der „Worth“ und baute dort 1927 eine erste Schießhalle, die im Laufe der Jahre mehrmals erweitert und modernisiert wurde. 1961 gründete sich eine Damengruppe. Heute zählt der Verein etwa 200 Mitglieder, die in mehreren Sparten vom Bogensport bis zum Luftgewehr organisiert sind. Der größte Erfolg des Vereins war 2015 der Aufstieg der 1. Mannschaft Luftpistole in die 1. Bundesliga Nord, wo sie seitdem einen stabilen Platz im Mittelfeld verteidigt.

1000 Jahre Wathlingen: Abstellkammer mit Wappen

(mt) Dem flüchtigen Besucher von St. Marien bleibt sie verborgen, denn die Wappentafel aus Sandstein findet sich auf der Nordseite der Kirche. „A(nna) E(lisabeth) v(on) A(ffelmann) geborne von Merquelbach A(nn)o 1663“ umrahmt, unterbrochen von einem Totenschädel und gekreuztem Gebein, das Wappen der Adelsfamilie von Merckelbach: ein Ankerkreuz als heraldisches Symbol für den Glauben, darüber ein gekrönter Helm mit einem wachsenden Adler. Mitglieder dieses deutsch-niederländischen Adelsgeschlechts waren Bürgermeister der westfälischen Reichsstadt Soest, Kanzler, Theologen und Juristen.

Vater unserer Anna Elisabeth war der Soester Bürgermeisters Dr. jur. Goswin Merckelbach, der 1616 vom Celler Fürsten abgeworben wurde und danach 25 Jahre als wichtigster Rechtsberater und Kanzler des Fürstentums Lüneburg in Celle wirkte. 1623 erhielt er vom Kaiser die Würde eines Pfalz- und Hofgrafen. Anna Elisabeth heiratete den ebenfalls aus Soest stammenden Dr. jur. Anton Affelmann, der seinem Schwiegervater 1642 im Amt folgte und 1651 starb. Finanziell gut abgesichert, wird sie bis etwa 1670 auch als Pächterin des Wathlinger Guts der Familie von Lüneburg genannt. Die hier wenig verwurzelte und vermutlich städtisch geprägte Adelsfrau sah in Wathlingen die Möglichkeit, standesgemäß beigesetzt zu werden. Um das zu erreichen, vererbte sie 1662 der Wathlinger Kirche 500 Taler mit der Auflage, „für alle Zeiten“ einen „Orth zur Ruhestätte in oder an der Kirche“ zu erhalten. Wohl in Absprache mit dem Kirchenpatron und dem Gutsbesitzer Friedrich von Lüneburg bot der Pastor ihr in Nähe des Altars und der schon vergebenen Gruft die damals wenig nützliche Seitenkammer als Erbbegräbnis.

In den folgenden Jahrhunderten verblasste in Wathlingen die Erinnerung an die Erblasserin, weder ein Sarg noch eine Grabplatte sind erhalten. Die Kammer sank zur Gerätekammer und zum Heizraum herab, bis das schöne gotische Gewölbe auffiel, das sich ursprünglich auch über den Chor der Kirche erhob, und nach jahrhundertelanger Entweihung wird der Raum heute als Sakristei genutzt.

Abstellkammer mit Wappen, St. Marienkirche, Wathlingen

1000 Jahre Wathlingen: Drei historische Großbrände

(mt) „Fvr Wasser vnd fvr Feversgefahr Her Jesv Christ dies Haus bewahr – Anno 1695“ – Diese - zugegeben kaum noch lesbare - Balkeninschrift an einem Bauernhaus im Altdorf Wathlingens ist Zeugnis der Feuersbrunst von 1695, die damals zwei Drittel des Dorfes in Schutt und Asche legte. Die Bewohner dieses Hauses hatten noch im selben Jahr mit dem Wiederaufbau begonnen und diese Fürbitte aufschreiben lassen. Offenbar mit Erfolg, denn das Haus steht noch heute. Im Altdorf finden sich noch weitere Häuser, die das Jahr 1695 im Balken tragen und die Bauherren und ihre Frauen nennen.

Ein gutes Vierteljahrhundert zuvor hatte im Frühjahr 1669 der erste historisch dokumentierte Brand das Dorf bereits schwer geschädigt. Die Flammen zerstörten im Südteil Wathlingens 12 Höfe. Das dritte Großfeuer suchte das Dorf 1809 heim und traf den Westen des Dorfes. Dass ein Unglück selten allein kommt, schien sich zu bewahrheiten, denn die Dorfbevölkerung litt seit 1803 unter den einquartierten Soldaten Napoleons.

Jedes der drei Feuer ging auf Fahrlässigkeit einer Bewohnerin oder eines Bewohners zurück. Bauweise, Baumaterial, enge Bebauung und das Fehlen einer Feuerwehr begünstigten jedes Mal die Flammen. Waren die Geschädigten der ersten beiden Brände noch auf mildtätige Spenden und Selbsthilfe angewiesen, so zahlte 1809 bereits die Brandversicherungskasse eine kleine Summe. Doch natürlich genügte die Auszahlungssumme nicht im entferntesten, um den erlittenen Schaden zu begleichen.

1000 Jahre Wathlingen: Celle, Rundstr. 3

(mt) Neben dem Celler Reformhaus Ende schließt in zartem Welfengelb das Haus Rundestraße 3 an, das eng mit Wathlingens Geschichte verbunden ist.

Der große Ahnherr der Wathlinger Adelsfamilie von Lüneburg Herzog August von Braunschweig-Lüneburg und Bischof von Ratzeburg (1568-1636) hatte sich 1610/11 mit seinen Brüdern vertraglich auf einen Losentscheid geeinigt, wer das Herzogtum zukünftig regieren solle und – so der zweite Teil der Abmachung – nur der Gewinner durfte eine standesgemäße Ehe eingehen.

Unser Ahnherr zog eine Niete. Es hätte für ihn schlimmer kommen können, denn schon vor 1600 war er der attraktiven Ilse Schmiedichen, Tochter des Amtmanns in Fallersleben, begegnet. Beide verliebten sich ineinander und heirateten. Aber auch wieder nicht so richtig, denn es war eine „Verbindung zur linken Hand“, weil Ilse aus einem „nicht ebenbürtigen“ Stand kam. Es mag seltsam klingen, aber solch eheähnliche Gemeinschaften waren damals beileibe kein Skandal. Der Standesunterschied tat der Liebe und dem sich bald einstellenden Kindersegen keinen Abbruch. Seit 1600 wurde alle paar Jahre ein Kind geboren, insgesamt 12. Herzog August versteckte weder seine Ehefrau noch seine Kinder. Weil er sich meist in Celle aufhielt, kaufte er 1609 in der Rundestraße ein repräsentatives städtisches Giebelhaus. Als die Familie immer größer wurde, erwarb er zehn Jahre später auch das Nachbarhaus und baute beide Häuser für die Familie zu einem repräsentativen barocken Stadtpalais aus.

Herzog August sicherte mit Weitsicht den zukünftigen Lebensunterhalt und gesellschaftlichen Stand seiner Kinder. 1624 erwarb er den Junkernhof Uetze an der Fuhse. Ein Jahr später erreichte er vom Kaiser, dass seine Frau und seine Kinder in den Adelsstand erhoben wurden. Seitdem führten sie den Namen „von Lüneburg“ und bekamen ein eigenes Familienwappen. 1634 erweiterte er zur materiellen Absicherung der Familie seinen Besitz durch das benachbarte Lehngut Wathlingen mit der alten Dagefördeschen Wasserburg am Ortsausgang nach Eicklingen.

1674 trennte sich der jüngste Sohn Friedrich, der nach dem frühen Pesttod seiner Brüder die Familie fortsetzte, von dem Haus in der Rundestraße, weil es von der Familie nicht mehr genutzt wurde. Gut 100 Jahre später zog übrigens Celles berühmtester Bauer Albrecht Thaer, der Begründer der wissenschaftlichen Landwirtschaft, hier ein.

1000 Jahre Wathlingen: Die Friedenseichen

(mt) Von Eicklingen kommend, stehen auf der rechten Seite direkt hinter dem Ortseingangsschild drei mächtige Eichen. Alte Wathlinger erzählen, dass dies die „Friedenseichen“ seien, die nach dem „Franzosenkrieg“ gepflanzt worden seien. Aber niemand kann zweifelsfrei angeben, welcher Franzosenkrieg gemeint ist. Zwei historische Daten kommen dafür nämlich in Frage.

Die Eichen könnten nach dem Ende der Napoleonischen Herrschaft 1813 gepflanzt worden sein. Während dieser Zeit waren 10 Jahre lang in Wathlingen französische Soldaten einquartiert, die die Bauern drangsalierten. Das zweite Datum wäre der Sieg des preußischen Königs im Krieg gegen Frankreich 1871.

Zwar waren auf dem Territorium des Deutschen Reichs bereits 1813 hier und da Friedenseichen gepflanzt worden, aber so richtig in Mode kamen die möglichst hochstämmigen Friedenseichen erst nach 1871. Meist wurden diese Eichen zwischen 1872 und 1874 gepflanzt. Gegen dieses Datum führen aber Alt-Wathlinger ins Feld: Die Dörfler seien damals Anhänger des gelb-weißen welfischen Königreichs Hannover gewesen. Sie hätten bestimmt nicht vergessen, dass die Preußen 1866 das Königreich Hannover besiegt und zu einer preußischen Provinz herabgestuft hätten. Daher sei es kaum vorstellbar, dass in Wathlingen zu Ehren eines siegreichen preußischen Königs Eichen gepflanzt worden seien.

Ein hinzugezogener Förster bestätigt, dass die Eichen wohl zwischen 150 und 200 Jahre alt seien, aber durch bloße Inaugenscheinnahme könne man das Baumalter nicht auf 50 oder 60 Jahre genau bestimmen. Die Methode, mit einem Zuwachsbohrer den Stamm anzubohren und so eine Altersbestimmung vorzunehmen, ziehen wir nicht in Betracht. Wir wollen die schönen Bäume nicht verletzen. So belassen wir es bei der Ungenauigkeit. Wer aber etwas über diese Friedenseichen weiß, sagt es bitte dem Heimatverein.

1000 Jahre Wathlingen: Das Aller-Urstromtal

(mt) Wer in Wathlinger das Rad benutzt, freut sich über die flache Feldmark, die das Ergebnis zweier Eiszeiten — so der populäre Begriff — ist, die unvorstellbar lange zurückliegen und unser niedersächsisches Tiefland formten:

  • 400.000 – 320.000 v. Chr.: Elster-Kaltzeit
  • 320.000 – 300.000 v. Chr.: Holsten-Warmzeit
  • 300.000 – 126.000 v. Chr.: Saale-Kaltzeit

Während der Kaltzeiten schoben sich von Skandinavien aus bis zu 3500 m dicke Gletscher bis an unsere Mittelgebirge heran, hobelten den Untergrund ab und brachten riesige Ablagerungen vom Sandkorn bis zum Findling nach Norddeutschland. Als die Gletscher abschmolzen, blieb dieses Material als „Grundmoräne“ unter oder als hügelige „Endmoräne“ vor den Gletscherbereichen liegen. Der Wilseder Berg in der Lüneburger Heide ist hier die bekannteste Endmoräne.

Am Eisrand eines Gletschers traten Unmengen Schmelzwasser aus, das die Endmoräne durchbrach und in kleinen und größeren Bächen über die sog. „Sanderfläche“ aus sich ablagerndem Kies und Sand abfloss. Die Bäche vereinigten sich mit den von Süden kommenden Flüssen und strömten parallel zum Eisrand in Richtung Nordsee. Dabei schürften die gewaltigen Schmelzwassermassen breite Abflussrinnen, sog. „Urstromtäler“, aus. So bildete sich bei uns während der Saale-Eiszeit das bis zu 21 km breite Aller-Urstrom-Tal. Hätte es damals schon Wathlingen gegeben, müssten wir es auf dem Grund dieses Urstromtals suchen. Unser Wathlinger Gewährsmann, der Jahr für Jahr seine Äcker bestellt, bestätigt die Lage Wathlingens im Aller-Urstromtal: „Zu erkennen ist es, dass es hier keine Moränenablagerungen – sprich keine Steinablagerungen gibt.“

Die Gletscher der nachfolgenden Weichsel-Kaltzeit (115.000—11.600 v. Chr.) erreichten das Allergebiet nicht mehr. Nach dem sich anschließenden Temperaturanstieg bildeten sich im Urstromtal Niedermoore und Auenwälder. Durch Viehverbiss und menschliche Einwirkung wurden in den nächsten Jahrtausenden diese Niedermoore zu Grünlandflächen, bevor erst seit etwa 200 Jahren Trockenlegung und andere Bodenverbesserungsmaßnahmen auf ihnen Ackerbau ermöglichten.

Karte um 1859. Die Geestflächen markieren die Ränder des Urstromtals. Inundations-Gebiet=Überschwemmungsfläche

1000 Jahre Wathlingen: Das Dorf der Störche

(mt) Um 1909 erschien dem Heidedichter Hermann Löns (1866-1914) Wathlingen noch als beschauliches Kirchdorf an der Schwelle zur Moderne: „Es gab eine Zeit, in der jedes Dach im Dorfe ein Storchennest trug und manches sogar zwei. Seitdem aber mit den Strohdächern die Nester zur Erde mußten, blieb manches Storchenpaar aus, und andere kamen nicht wieder, als man ihnen ihre Jungen nahm und sie den Handelsleuten verkaufte, die sie nach England schafften, dem storchenlosen Lande. Aber zwanzig Paare mögen heute in Wathlingen noch brüten, und wo Heu aufgeladen wird, da stelzt ernst und würdevoll Herr Langbein zwischen den Leuten umher und fängt die Mäuse, Frösche und Käfer fort, die die Harke bloßlegt.“ Auch die Postkarte aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zeichnet dieses Bild von unserem Dorf.

Störche haben einen Tagesbedarf von 500 bis 700 Gramm Nahrung, das sind etwa 700 Regenwürmer und 16 Mäuse oder Frösche. Wenn ein Storch eine Familie mit zwei Jungstörchen zu versorgen hat, steigt der Nahrungsbedarf einer Storchenfamilie auf gut 4,5 Kilo. Die feuchten Wiesen und extensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen bieten dem Storch ausreichend Nahrung.

Der Storchenbetreuer des Landkreises Celle berichtet, dass es um 1900 in Wathlingen 29 Nester gab, 1934 wurden noch 11 gezählt und im Jahr 1954 waren es noch ganze 4 Nester. Als 2020 ein Eigentümer des Grundstückes „An den Röstebänken/Molkereistraße“ auf seiner Scheune ein Storchennest errichtete, galt er als unverbesserlicher Optimist. Zu aller Überraschung kamen aber am 11.4.2020 zwei Weißstörche und zogen nach 53 Jahren in Wathlingen wieder drei Jungstörche auf. Im Folgejahr wurden in diesem Nest 4 Jungstörche flügge. Aktuell ist das Nest zwar stundenweise besucht, aber der Stammstorch mit dem Namen DEW 1T083 ist ein sog. „Ostzieher“. Diese Störche verspäten sich in diesem Jahr. Deshalb, so der Storchenbetreuer, heißt es, warten auf den Stammstorch.

1000 Jahre Wathlingen: Die Wathlinger Bockmühle

(mt) Phantasie ist gefragt. Dort, wo heute zwischen Aldi und der Aral-Tankstelle Mietshäuser stehen, lag früher freies Feld. Ungehindert wehte der Wind und trieb Jahrhunderte lang die Wathlinger Bockmühle an – ein Mühlentyp, bei dem das komplette Mühlengebäude auf einem Bock drehbar gelagert ist, um die gerade herrschende Windrichtung zu nutzen.

Irgendwann zwischen 1586 und 1609 hatte die Wathlinger Adelsfamilie von Dageförde vom Landesherrn die Erlaubnis erhalten, in der Wathlinger Feldmark eine Mühle zu errichten. Den Dorfbewohnern wurde der „Mahlzwang“ auferlegt, d.h. sie mussten hier mahlen lassen. Als die Adelsfamilie 1616 ausstarb, verkam die Mühle. 1649 nahm Friedrich von Lüneburg dann viel Geld in die Hand, sanierte die Mühle und verpachtete sie danach mit dem zur Mühle gehörenden Krug, einem Dorfgasthaus. Eine weitere Grundsanierung wurde um 1800 nötig. Mit der seit 1810 aufkommenden Gewerbefreiheit entfiel auch der Mühlenzwang. Die immer weiter an das Mühlenfeld reichende Bebauung nahm der in der Ebene stehenden Mühle den Wind. Auch technisch gesehen war sie mit nur einem „Mühlgang“ (= die Einheit der aufeinanderliegenden beiden Mühlsteine) für Schrot und Mehl veraltet. Der Betrieb wurde immer unwirtschaftlicher, die Pächter wechselten häufig. Während des Ersten Weltkrieges (1914-1918) stand die Mühle schließlich still.

Der legendäre letzte Mühlenpächter Hermann Steinfeld (1895-1996) hauchte der Mühle 1919 noch einmal kurz neues Leben ein. Aber die Energiesicherheit - damals wie heute ein wichtiges Thema - wurde zum Betriebsproblem: „Wenn der Wind gebraucht wurde, kam keiner.“ Steinfeld gab auf und errichtet 1920 im ehemaligen Pferdestall des Gasthofs „Zur Mühle“ (Bahnhofsstraße) eine moderne elektrische Motormühle.

1922 erwarb der Sägewerksbesitzer Timme das Grundstück samt Mühle. Es war zu einem Spekulationsobjekt herabgesunken, denn es ging nur um die Fläche, nicht um die Mühle. Den Rest besorgte in der Nacht vom 6. zum 7. Januar 1932 ein Sturm, der die marode Bockmühle umwarf. Das Trümmerholz wurde unter den Kesseln des Sägewerks verbrannt. Wathlingen hatte sein Jahrhunderte altes Wahrzeichen für immer verloren.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens weißes Gold

(mt) 1905 bricht für das eher konservative und unscheinbare Bauerndorf Wathlingen ein neues Zeitalter an.

Chemiker erkannten Mitte des 19. Jahrhunderts den Wert der Kalisalze für die Landwirtschaft. Jede Pflanze benötigt Kalium zur Umwandlung von Traubenzucker (Glucose) in Stärke. Die Photosynthese wird intensiviert und der Aufbau von Eiweiß beschleunigt. Wachstum und Ertrag der Pflanzen steigen. Kalisalze können aber noch mehr. Hochreines Kali etwa ist ein wichtiger Bestandteil von Infusionslösungen. Kali ist ebenfalls ein begehrter Rohstoff für die Pharma- und Kosmetikindustrie.

Nachdem in Wathlingen umfangreiche Kalilagerstätten entdeckt wurden, begannen 1905 die bergmännischen Arbeiten für die Abteufung des „Kalischachts Niedersachsen“. Schon 1911 verfügte das Kalibergwerk Niedersachsen-Riedel über einen eigenen Gleisanschluss nach Ehlershausen. Wathlingen veränderte sich. Aus dem Bauerndorf wird ein Dorf mit Arbeitern und Angestellten im Industrie- und Dienstleistungsgewerbe. Geschäfte und Handwerksbetriebe siedeln sich an. Die Einwohnerzahl stieg Jahr für Jahr. Nach und nach entstand außerhalb des alten Dorfes die „Kolonie“ mit den Wohnhäusern für die Bergleute und ihre Familien. Die nächsten neun Jahrzehnte verdienten die Wathlingerinnen und Wathlinger gut am Kaliabbau. Sogar einen Weltrekord konnte Wathlingen vorweisen: Mit 1.525 Metern gab es hier den tiefsten Kalischacht der Welt.

Aber 1997 war plötzlich Schluss. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung übernahm Kali und Salz die ostdeutschen Kaliwerke. Diese Lagerstätten waren ergiebiger und das „weiße Gold“ war zum Beispiel im sachsen-anhaltinischen Zielitz wirtschaftlicher zu fördern als in Wathlingen. Der einst größte Arbeitgeber verließ das Dorf. Von den alten riesigen Fabrikgebäuden ist nichts mehr zu sehen. Nur der Kaliberg zeugt noch vom einstigen Wohlstand und bereitet heute den Verantwortlichen Kopfzerbrechen.

1000 Jahre Wathlingen: Schlauchturm mit Glockenspiel

(mt) 14 Uhr—Schichtende im Kalibergwerk auf der Kolonie. Fast ein Jahrhundert lang taktete dies den Alltag in Wathlingen. In Erinnerung daran erklingt heute um diese Zeit vom ehemaligen Schlauchturm der Freiwilligen Feuerwehr am Schmiedeberg das Glockenspiel mit dem traditionellen deutschen Bergmannslied „Glück auf, der Steiger kommt“.

Später als in den Nachbargemeinden gründeten am 11. Juli 1929 etwa 70 Wathlinger im Saal des Gasthauses „Zur Linde“ die Wathlinger Freiwillige Feuerwehr. Sie ersetzte die 1896 ins Leben gerufene Pflichtfeuerwehr, der alle Männer zwischen 16 und 55 Jahren angehörten und die am damaligen Dorfrand (Hasklintweg) ein Spritzenhaus besaß. Wathlingens junge motivierte freiwillige Wehr erlangte bald einen hohen Ausrüstungsstand. Es wurde eng im alten Spritzenhaus. Als die Wehr 1936 dann ihr erstes Fahrzeug kaufte - einen gebrauchten Ford - und ihn in Eigenarbeit zum Feuerwehrauto umbaute, war ein Neubau unumgänglich. Ein zentral gelegenes freies Gelände fand sich am Schmiedeberg. 1937 übernahm die Wehr das neue Gerätehaus im niedersächsischen Baustil mit dem angegliederten 12 Meter hohen Schlauchturm. Dort trockneten die im Einsatz oder bei einer Übung nass gewordenen und anschließend gereinigten Druckschläuche aus Hanf, die mit einem Flaschenzug in der Turmspitze aufgehängt wurden.

Als die Feuerwehr 1970 abermals umzog, übernahm die Polizei die Räume. Für den Schlauchturm hatte sie keine Verwendung. Neue Bewohner zogen ein. Bis 2020 brüteten dort Turmfalken, dann besetzten aggressive Dohlen den Turm.

Anlässlich der 975-Jahr-Feier des Dorfes sammelten die Wathlinger Bürgerinnen und Bürger mehr als 50.000 DM für das Glockenspiel am Turm.

1000 Jahre Wathlingen: Das gesellschaftliche Zentrum

(mt) Das ziegelrot gestrichene Mauerwerk des Hauses in der Kirchstraße nahe dem Rathaus fällt auf. Vor mehr als hundert Jahren schlug hier das gesellschaftliche Herz Wathlingens. Der Gasthof „Zur Linde“ galt als „solider“ Dorfmittelpunkt. Hier traf sich die Dorfgemeinschaft zu Tanzvergnügungen, Bällen, Hochzeiten und Trauerfeiern. Es war die lokale Nachrichtenbörse. In seinem Saal fanden Vereinsgründungen statt, die Freiwillige Feuerwehr wurde aus der Taufe gehoben und von der Obrigkeit angesetzte Versammlungen wurden nicht selten mit erregten Debatten hier durchgeführt. Nach Feierabend und sonntags nach dem Gottesdienst trafen sich hier – oftmals zum Leidwesen der Ehefrauen - die Männer zum Feierabendbier oder Frühschoppen.

Ursprünglich gehörte das Haus zu einer Kötnerstelle. 1912 nennt das Protokoll des Männerturnvereins „Vater Jahn“ den Gasthof „Zur Linde“ noch „Riefenbergsches Lokal“ nach dem damaligen Gastwirt Adolf Riefenberg. Bereits Ende desselben Jahres übernahm aber der Wathlinger Bauunternehmer Timme das Lokal für 58.000 Mark. Er erweiterte das Gasthaus und baute es gründlich um, bevor er es verpachtete. Das damalige Finanzierungsmodell war durchaus clever: Timme lieh sich das Geld vom Celler Brauereibesitzer Schilling, dem er im Gegenzug vertraglich zusicherte, die Getränke für die Gastwirtschaft nur über dessen Brauerei zu beziehen.

Von den fünf Gasthäusern, die Wathlingen Anfang des 20. Jahrhunderts für seine etwa 1000 Einwohner besaß, war die Gastwirtschaft „Zur Linde“ die umsatzstärkste. Heute sind alle traditionellen Dorfgasthäuser verschwunden. Die subventionierte Vereinsgastronomie und die gewandelte Fest- und Feierkultur haben ihnen den Garaus gemacht.

1000 Jahre Wathlingen: Das Mausoleum

(mt) 1815 endete in Europa eine Epoche permanenter Kriege. Das wieder erstarkte Königreich Hannover nahm nach dem Ende der Franzosenzeit die unterbrochenen Reformen wieder auf: Bauernbefreiung mit Ablösung der Abgaben und Dienste an den Adel, Wegfall der besonderen adlige Gerichtsbarkeit, Neuverteilung der Feldflur läuteten unwiderruflich das Ende des alten Ständestaates ein. Der Adel suchte sein Selbstverständnis und seine soziale Stellung gegenüber den Dorfbewohnern neu zu definieren.

Für die Familie von Lüneburg stand in dieser Zeit eine weitere Veränderung an. Lagen bisher die Güter in Uetze und Wathlingen in einer Hand und war die Patronatskirche in Uetze die Familienbegräbnisstätte, so wurden 1816 die Güter geteilt. Georg von Lüneburg (1799-1866) wurde Herr zu Wathlingen. Sicher nicht seine dringendste, aber eine Aufgabe mit hohem Symbolwert war die Suche nach einer neuen repräsentativen Begräbnisstätte für seine Familie. Bereits Georgs Vater soll Pläne für ein Mausoleum, das sich am damaligen klassizistischen Trend orientierte, entworfen haben. Die neue Begräbnisstätte sollte einerseits die Verbundenheit mit dem Dorf und andererseits das adlige Selbstverständnis zeigen. Auch wenn das Grabmal von Maussolos, einem Kleinkönig von Karien und persischen Satrapen (377–353 v. Chr.), zu den „Sieben Weltwundern“ zählt, behielt das von Lüneburgische Familienoberhaupt bei seinem Entwurf das Mach- und Finanzierbare im Blick.

Als Georgs Vater bereits 1816 mit 50 Jahren verstarb, setzte der Sohn um 1830 die Pläne in Wathlingen um. Am Rande des Fußwegs, den die Adelsfamilie auf ihrem Weg zur Dorfkirche zurücklegte, lag die ehemalige Försterei mit großem Garten, ein angemessener und „vernünftiger“ Platz für den zurückgesetzten Bau des Mausoleums (heute: Alter Hof 6). Norddeutsch nüchtern fällt der verputzte Ziegelbau mit Satteldach aus. Der umlaufende Bandfries an Traufen und Giebeln ist mehrstufig und im Giebelfeld befindet sich eine rechteckige Tafel mit Zahnschnittgesims und der Inschrift „Von Lüneburgsches Erbbegräbnis“ und dem Familienwappen. Die links und rechts von der Tür eingefügten Rundbogenfenster sind mittlerweile vermauert worden.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verwüsteten schatzsuchende Marodeure das Mausoleum. Die Familie richtete es wieder her. In den vergangenen Sommern fielen mehrere Bäume der zum Mausoleum führenden Kastanienallee der Miniermotte zum Opfer.

1000 Jahre Wathlingen: Das Wappen der Gemeinde

(mt) Während viele der bekannten Wappen bereits im Mittelalter nachgewiesen werden können, blickt das Wappen der Gemeinde Wathlingen auf eine recht kurze Geschichte zurück.

Im Februar 1956 befasste sich ein Ausschuss des Gemeinderates unter Mitarbeit des Wathlinger Heimatforschers Prof. Dr. Heinrich Pröve mit den Grundlagen für die Gestaltung eines Gemeindewappens. Die Ratsmitglieder waren sich einig, dass sowohl die Landwirtschaft als auch der damals den Dorfcharakter prägende Kalibergbau in dem zu schaffenden Wappen berücksichtigt werden sollen. Mit dem Entwurf beauftragte der Rat den anerkannten Heraldiker Gustav Völker (1889-1974) aus Hannover, aus dessen Werkstatt nicht nur mehr als 200 Kommunalwappen stammen, sondern auch das Niedersächsische Landeswappen. Gustav Völker legte im April 1957 einen Entwurf vor, der die Zustimmung des Rates fand.

Das Kommunalwappen der Gemeinde Wathlingen besteht aus zwei in Gelb und einem in Silber gefassten Zeichen auf grünem Grund. Auf dem unteren Feld ist ein sog. Grapen, ein eiserner Henkeltopf für ein offenes Herdfeuer zu erkennen. Der Grapen ist dem Wappen der ältesten Adelsfamilie Wathlingens, derer von Watling, entlehnt und deutet die lange Geschichte des Dorfes hin. Darüber sind zwei volle Kornähren und auf dem obersten Feld als Zeichen des Kalibergbaus Schlägel und Eisen angeordnet. Diese beiden Zeichen stehen für die das Dorf damals prägenden Wirtschaftszweige.

Das Wappen wurde im September 1957 durch Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums genehmigt. Seitdem benutzt die Gemeinde es in ihren Dienstsiegeln.

1000 Jahre Wathlingen: Tanzende Reiher

(mt) Die meisten Besucherinnen und Besucher des 4G biegen vorher rechts ab in das Restaurant oder den Großen Saal. Nur wenige werfen einen Blick in den Lichthof und entdecken die 1,60 m große Tierbronze „Hochzeitstanz der Reiher“ des bekannten Darmstädter Bildhauers Gotthelf Schlotter (1922-2007).

Wer über den Uetzer Weg das Dorf verlässt, die Umgehungsstraße überquert und das Spargelfeld links liegen lässt, gelangt in den Gutsforst. Dort horstete noch Anfang des 20. Jahrhunderts eine Reiherkolonie. Der Heidedichter Hermann Löns (1866-1914) setzte diesen stolzen Vögeln in seinem kurzen Text zu Wathlingen ein literarisches Denkmal. Damals zählte er noch mehr als 30 Brutpaare im Wathlinger Forst. Den Besitzern der Fischteiche und den Flussfischern waren diese Fischräuber allerdings ein stetes Ärgernis, dem sie nachstellten. Jedes Jahr, wenn das Wasser der Fuhse noch auf den Wiesen stand, kamen die Graureiher aus dem Süden, bezogen ihre derben Horste und zogen ihre Jungen groß. Im Juli wurde es wieder still im Forst, denn die alten und jungen Reiher verteilten sich. Einige fischten in der Fuhse, andere in der Aller, wieder andere zogen weiter zur Weser, Ems und Elbe, bevor sie im Herbst in den Süden aufbrachen. Etwas zu pessimistisch prophezeite Hermann Löns um 1900 das baldige Aussterben der Reiher. Immerhin wurden dieses Jahr wieder vier Graureiher in der Feldmark gesehen.

Als am 4. Juni 1981 das ehemalige Bürgerhaus auf dem Gelände, auf dem heute ein Supermarkt und ein Altenheim stehen, eingeweiht wurde, stiftete Kali und Salz für den Vorplatz die Reiherplastik. Die vielfältige Symbolik des Kunstwerks weist einmal auf Wathlingens Geschichte zurück, zum anderen war sie gedacht als Zeichen für das Verbindende zwischen heimischer Industrie und Heimatgemeinde. Weil der Künstler den Termin nicht einhielt, musste der Fabrikdirektor zunächst ein Modell übergeben, bevor im Herbst die Plastik ihren Bestimmungsort erreichte. Niemand ahnte, dass keine zwei Jahrzehnte später die Kaliindustrie über Nacht dem Dorf den Rücken zukehren würde.

Als das marode Bürgerhaus 2012 aufgegeben werden musste, rettete Bürgermeister Harms die Plastik vor dem Abrissbagger und ließ sie an ihrem heutigen Platz aufstellen.

1000 Jahre Wathlingen: Brinksitzer - Kötner - Höfner

(mt) Wer aus Nienhagen die Dorfstraße entlangkommt, der entdeckt kurz vor dem Rathaus auf der linken Seite dieses Straßenschild. Aber wer oder was sind „Brinksitzer“? Die Antwort findet sich in der Dorfgeschichte.

In dem alten Bauerndorf formte sich bis zum 16. Jahrhundert eine Sozialhierarchie, an deren Spitze in Wathlingen 11 „Höfner“ standen. Neben den adligen Gutsherren waren das die ältesten Familien im Dorf. Ihr Besitz war durch Erbrecht vor Zersplitterung geschützt, sie hatten Mitspracherechte und durften die Allemende (Wiesen und Wald) des Dorfes nutzen. Jeder von ihnen besaß eine Hufe (30 Morgen ≈ 8 ha) Ackerland, genug für die Eigenversorgung. Ihre nicht erbberechtigten Söhne fanden eine Zeitlang in der näheren Umgebung Ausweichplätze und gründeten neue Siedlungen. Als dieser Weg erschöpft war, erhielt manch siedlungswilliger Sohn mit Einverständnis der Dorfgemeinschaft einen vom Eigenbesitz des väterlichen Höfners abgetrennten kleinen Platz für eine Kate (Haus), ein Stück Gartenland sowie einen kleineren Anteil an der Allmendenutzung. Geschickte „Kötner“ vergrößerten über Generationen hin ihren Besitz. Allerdings besaß keiner der 27 Wathlinger „Kötner“ damals mehr als 8 Morgen. Zwischen 1300 und 1500 ruhte die Dorferweiterung wegen der attraktiven Abwanderungsmöglichkeit in neugegründete Städte und in die Ostgebiete, aber auch wegen der drückenden Grundherrschaft zu Hause.

Wie überall setzte im 16. Jahrhundert auch in Wathlingen ein Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum ein. So siedelten nach 1500 mit grundherrlicher Erlaubnis am westlichen Rand des Altdorfes – am „Brink“ - die sog. „Brinksitzer“. Rechtlich unterscheiden sie sich nicht von den Kötnern und werden daher oft „Klein-Kötner“ genannt. Es waren ärmliche Bauern mit einem Besitz von 1-2 Morgen, die neben ihrer Landwirtschaft ein bäuerliches Handwerk oder Tagelohnarbeit ausübten. Im Wathlinger Forst durften sie nur Feuerholz sammeln. Nachdem 1671 die 17. und letzte Brinksitzerstelle entstand, war die Entwicklung des älteren Dorfes abgeschlossen.

Es fehlen an dieser Stelle die Knecht, Mägde und die später hinzukommenden „Häuslinge“, die in der Dorfhierarchie unter den Brinksitzern rangierten.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Schulgebäude, Teil I

(mt) Auf der Baustelle neben der Dorfkirche geht die Renovierung des denkmalgeschützten Küsterhauses in die Endphase. Hier liegen auch die Wurzeln des Wathlinger Schulwesens. Nach dem großen Brand von 1695 wurde dieses Haus mit einer Schulstube errichtet und war für die folgenden zwei Jahrhunderte die Quelle des „geistigen und sittlichen Lebens“ im Dorf, wie in einer Chronik nachzulesen ist.

Die Anfänge einer Schule in Wathlingen liegen wohl in den Jahrzehnten nach der Reformation. 1604 stiftete Ilse von Offensen ein Legat, aus dem auch ein Schulmeister und Küster entlohnt werden sollte. Die Personalunion von Küster und Schulmeister bewährte sich über Jahrhunderte. Wie überall im Land befand sich auch die Wathlinger Elementarschule unter Aufsicht der Kirchengemeinde, die den Lehrer einstellte. Der Unterricht diente vorrangig der religiösen Unterweisung. Lesen wurde mit dem Katechismus und der Bibel gelernt, Schreiben war mehr Buchstabenmalen als Verfertigen eigener Gedanken, Rechnen wurde erst später als Teil des Elementarunterrichts verstärkt eingefordert. Noch 1818 fragt ein offizieller Schulbericht: „Was nützt auch dem Bauernkinde soviel gemeinnützige Weisheit, die es doch hinter dem Pflug gleich wieder verlernt.“ Im 18. Jahrhundert begann der Staat auch auf dem Lande die Schulpflicht durchzusetzen. Allerdings gab es zwischen Ostern und Michaelis (29. September) großzügige Freistellungen, weil die Kinder für landwirtschaftliche Tätigkeiten gebraucht wurden.

1845 legte das Hannoversche Schulgesetz für 120 Schüler eine Lehrerstelle fest. Danach konnte ein Schulgehilfe eingestellt werden. Bei mehr als 200 Schülern gab es die zweite Lehrerstelle. Als in Wathlingen die Schülerzahl stieg, baute man 1852 das Küsterhaus um und erweiterte die Schulstube. Aber schon 1890 war es wieder zu eng. Die politische Gemeinde erwarb von der Familie von Lüneburg das rechts neben dem Küsterhaus liegende Försterhaus und baute es zu einem zweiklassigen Schulgebäude um. Dort gab es sogar eine Toilette für die Kinder, erzählte der Vater einer Alt-Wathlingerin. Bis 1905 wurden hier durchgängig etwa 150 Kinder unterrichtet.
Durch den Aufbau des Kaliwerks und dem damit verbundenen Zuzug von Arbeiterfamilien stieg die Schülerzahl im Jahr 1908 auf 208. Die Gemeinde mietete im Gärtnerschen Gasthaus im Hasklintweg (heute „Oase“) einen dritten Unterrichtsraum an und beschloss den Neubau einer Schule.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Schulgebäude, Teil II

(mt) Der Kalibergbau lockte immer mehr Familien mit schulpflichtigen Kindern nach Wathlingen. Bald saßen in jeder der drei jahrgangsübergreifenden Klassen 70 bis 80 Kinder. Die vorhandenen Schulräume platzten aus allen Nähten. Am 29. Dezember 1908 beschloss der Gemeinderat endlich den notwendigen Schulneubau. Nach längerem Suchen fand sich ein passendes Grundstück an der Kahleschen Koppel, der heutigen Schulstraße. 221 Kinder bezogen am 4. April 1910 das Schulgebäude, das neben 3 Klassenräumen auch 2 Lehrerwohnungen im ersten Stock beherbergte. In einer Ecke des Hofes stand das unbeheizte Toilettenhaus mit Plumpsklo. Weil mittlerweile ein knappes Drittel Kinder aus Kali-Familien waren, übernahm das Werk ⅘ der Baukosten und stiftete 400 Mark für eine Turmuhr. 1991 zerstörte ein Dachstuhlbrand das Uhrwerk, das jetzt im Jubiläumsjahr wieder instand gesetzt werden soll.

Damals war es üblich, dass der Kirchenpatron Herr von Lüneburg und der evangelische Pfarrer als örtlicher Schulinspekteur die Lehrkräfte auswählten. Alt-Wathlinger berichteten rückblickend, dass die beiden dabei stets ein glückliches Händchen gehabt hatten. Das Kaliwerk expandierte weiter. 1912 besuchten 310 Kinder in 6 Klassen die Schule. Nur drei Jahre nach Fertigstellung des Neubaus stimmte der Rat im März 1913 für einen Anbau mit drei weiteren Klassenräumen und drei Lehrerwohnungen. Die Schule wurde jetzt auch an das elektrische Leitungsnetz angeschlossen, das die Überlandzentrale seit 1913 im Dorf installierte. 1929 diskutierte der Rat einen weiteren Schulausbau, aber die Weltwirtschaftskrise verhinderte die Ausführung.

Nach dem Krieg diente die Schule als Hauptquartier der Besatzungsmächte und Kurzzeitgefängnis für die örtlichen NSDAP-Größen. Am 26.4. 1949 zählte die Schule 685 Kinder. Diesmal waren es vor allem die 242 hinzugekommenen Kinder der Flüchtlingsfamilien, die einen Erweiterungsbau notwendig machten. 1951 wurde ein weiteres Gebäude errichtet, drei Jahre später war eine Turnhalle fertiggestellt. 1961 kamen eine Lehrküche, ein Ess-, ein Werk– und ein Physikraum hinzu. 1966 beschloss der Rat in dem Schulgebäude auch eine Sonderschule einzurichten. Die erste „Sonderschulklasse“ begann 1969, aus der sich die Janusz-Korczak-Förderschule entwickelte. Als 1979 die Haupt- und Realschule in die Kantallee übersiedelten, verblieben in der Schulstraße die Grundschule und die Förderschule. Ein neuer Mitteltrakt mit Pausen-, Verwaltungs- und Klassenräumen modernisierte die Schule ein weiteres Mal. Als die Förderschule im Rahmen der Inklusion 2016 schloss, bezog eine Kindergartengruppe die Schulräume.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Tiefpunkt

(mt) Der Fluss, um den sich in Wathlingen alles dreht, ist die Fuhse. Seit Jahrhunderten ist sie Geißel und Segen zugleich. In vergangenen Jahrhunderten führten die Überschwemmungen den Wiesen wichtige Nährstoffe zu, rissen aber auch manchen Besitz mit sich fort.

Im Sommer 1956 wurde ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Das enge Bett der Fuhse konnte in diesem Jahr das Sommerhochwasser nicht schnell genug abführen. Die Wiesen standen 1,50 m unter Wasser, das Vieh musste in den Stall und die Bauern konnten kein Heu machen, mit dem sie im Winter ihr Vieh fütterten. Die Landwirte formulierten einen geharnischten Protest an den Landkreis und forderten eine Flurbereinigung, um die Wassermassen zu bändigen. Es dauerte aber noch mehrere Jahre und einige Hochwässer, bevor am 13. Januar 1965 das Niedersächsische Landeskulturamt Hannover die Flurbereinigung in der Gemarkung Wathlingen anordnete. Zu kleine und schwer zugängliche Flächen wurden zusammengelegt. Die alten Abzugs- und Staugräben, die früher für die Be- und Entwässerung der Wiesen sorgten, wurden durch neue und tiefere Gräben ersetzt, die nur noch zur Entwässerung der Feldmark dienten. Verwallungen (kleine Deiche) wurden angelegt, die den Ort hochwasserfrei und weite Teile der Feldmark überschwemmungssicher machen sollten.

Im Norden der Gemarkung liegt mit 41,2 m über dem Meeresspiegel der tiefste Punkt Wathlingens. Dort wurde bei der Einmündung des Heidegrabens in die Fuhse 1967 ein neues Schöpfwerk gebaut. Alle Gräben, die die Wathlinger Gemarkung durchziehen, münden hier. Die entwässerte Fläche beträgt 12,0 km². Die drei eingebauten Propellerpumpen heben das Wasser um 1,80 m und können zusammen 2,205 m³/s in die Fuhse fördern. Das sind immerhin fast 8 Millionen Liter oder 40.000 Badewannenfüllungen pro Stunde. Allerdings sind nur bei Hochwasser alle drei Pumpen gleichzeitig in Betrieb. Meist reicht aber eine Pumpe, die dann 735 l/s in die Fuhse leitet. Es gibt somit keinen unkontrollierten Zufluss in die Fuhse, sondern das Schöpfwerk regelt den Zulauf. Das gesamte System schützt nicht nur Wathlingen, sondern auch das Nachbardorf Nienhagen, das mit 40,2 bis 40, 5 m ü. NN etwa einen Meter tiefer als Wathlingen liegt. Das Schöpfwerk wird heute betrieben und unterhalten vom Unterhaltungsverband Fuhse-Aue-Erse.

1000 Jahre Wathlingen: Vermieter aus New York

(mt) Hanna Bölsing, die Ehefrau des Wathlinger Pastors, erinnert sich 1947 in einem Interview an ihre Ankunftszeit in Wathlingen im Jahr 1938: „Wir bekamen damals ein Mädchen aus Sandlingen und das kam sich vor, als ob es in die Stadt zöge: waren doch in Wathlingen Frisöre, Schuh-, Lebensmittel- und sonstige Geschäfte.“

Eines dieser Geschäfte befand sich in der heutigen Kirchstraße 10. Der Wathlinger Maurer Adolf Kamehl hatte das Haus 1911/12 erbaut. Dort eröffnete das Ehepaar Friedrich und Emma (geb.  Blumenberg) Klüber ihr Geschäft für „Kolonial-, Material- und Manufakturwaren“, in dem es auch Tabak, Zigarren und Zigaretten sowie sehr feinen Aufschnitt und Grünwaren zu kaufen gab.

Adolf Kamehl fiel 1915 im Ersten Weltkrieg und sein in New York lebender Bruder erbte das Haus und das Grundstück. Er vermietete es weiterhin an das Ehepaar Klüber, bevor es Fritz und Elisabeth Klüber in den 50er-Jahren erwarben.

Als der Edeka-Markt Klüber 1967 in den Selbstbedienungsmarkt in der Schneiderstraße 13 umzog, gab das Ehepaar das Geschäft in der Kirchstraße auf. In den Folgejahren gab es in den Räumen mehrere Geschäfte. Vielen damals kleinen Wathlingerinnen und Wathlingern ist der Spielzeugladen Mikado mit den Geburtstagskisten vielleicht noch in Erinnerung. Heute bietet der Friseur „Fantasy of Style“ dort seine Dienste an.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Wege

(mt) Wegebau und -unterhaltung gehörten bis ins 16. Jahrhundert zu den Hand- und Spanndiensten der abhängigen Bauern. Dementsprechend schlecht und einfach waren Straßenzustand und Wegebautechnik, denn die Arbeiten wurden nur nachlässig ausgeführt. Später versuchten die Landesherren zumindest für wichtige Durchgangsstraßen die Aufsicht zu übernehmen. Erst als in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Territorien eine effizientere Verwaltung den Wegebau in die Hand nahm, gab es Fortschritte beim Überlandstraßenbau (Chausseen).

Unser Dorf war nur über Sandwege mit den beiden großen überregionalen Chausseen: Celle-Hannover (erbaut 1777-1784) und Celle-Braunschweig (erbaut 1790-1793) verbunden. Bei andauerndem Regen verwandelten sich diese Sandwege schnell in unpassierbare Schlammlöcher, die nur mit Vorspann (zusätzlichen Pferden) zu bewältigen waren. Deshalb mieden Händler die Wathlinger Feldmark und für Wathlingens Bauern war es mühsam und umständlich, den Markt in Celle oder gar Hannover zu erreichen. Als 1883 der neue Pastor Wilhelm Rohde mit Familie bei herbstlichem Regenwetter in Wathlingen eintraf, musste die Familie bis spät abends auf den Möbelwagen warten, der auf dem Heidesandweg zwischen Klein Eicklingen und Wathlingen steckengeblieben war und erst mit Vorspann wieder flottgemacht werden musste.

1962 förderten Kanalisationsarbeiten 30 m vom Haus „Am Bohlgarten 2“ in Richtung der heutigen Schulstraße einen alten Bohlenweg zutage, dessen unterste Schicht aus bearbeiteten Eichenbohlen 2 m tief lag und um 1500 angelegt sein dürfte. Nachfolgende Generationen legten zweimal Auffüllungsschichten aus Sand und dünnen Eichenstämmen darüber, bevor eine Schicht aus 30 cm dicken Eichenbohlen aufgebracht wurde, die aber im Laufe der Zeit unter einer Humus-Sand-Schicht verschwand. Weitere archäologische Grabungen zum Straßenverlauf unterblieben damals.
Wahrscheinlich gab es hier eine besonders schlechte Wegstrecke, die an einen Seitenarm der damals unregulierten Fuhse grenzte und am Sitz des Adelsgeschlechts von Watling vorbeiführte (heute: Am Schmiedeberg). Abhängige Bauern schütteten diesen Abschnitt mehrfach auf und erneuerten ihn. Auch in späteren Jahrhunderten erhöhten Dörfler den Weg mehrmals. Erkennbar ist dies noch heute, denn die angrenzenden Bauerngärten entlang der Schulstraße und Am Thie liegen tiefer als die aufgeschüttete Straße.

Der innerdörfliche befestigte Straßenausbau in größerem Umfang begann erst 1954.

1000 Jahre Wathlingen: Brot für Wathlingen

(mt) Da hat einer den richtigen Riecher gehabt und unternehmerischen Wagemut bewiesen. Als 1905 die ersten Abteufarbeiten für das neue Kalibergwerk begannen, war Heinrich Grundstedt gerade 19 Jahre alt, hatte seine Bäckerlehre in Sehnde bei Burgdorf beendet und absolvierte für die nächsten zwei Jahre seinen Militärdienst in Hildesheim. Derweil stieg dank des boomenden Kalibergbaus Wathlingens Einwohnerzahl von 949 im Jahr 1905 auf 1466 im Jahr 1910. Ein Ende des Bevölkerungsanstiegs war nicht abzusehen. Heinrich Grundstedt baute 1910 an der heutigen Schulstraße 15 ein kompakt und funktional geplantes Haus, das Wohnen, Backen und Verkaufen unter einem Dach vereinte. 1911 eröffnete er seine Bäckerei. „Wir waren nicht der Bäcker der Bauern“, erinnert sich seine Enkelin heute, denn die Bauern hatten bereits 1869 ihre eigene Backhausgenossenschaft gegründet.

Grundstedts hatten die kleinen Leute und die Zugezogenen im Blick. Es gab 6-Pfund-Brote, später kleinere Vierpfünder, Brötchen und eine Kuchenauswahl. 1915-1918 zwang der Erste Weltkrieg Heinrich Grundstedt, den Laden in die Obhut seiner Frau zu geben. Wenige Jahre nach Kriegsende legte er vor der Bäckerinnung in Celle 1922 seine Meisterprüfung ab. Heinrich Grundstedt war mit Leib und Seele Bäcker, seine Kunden nannten ihn auch vertrauensvoll „use Papa“. Auch Frieda Höper, die der Bäcker nach dem frühen Tod seiner ersten Frau heiratete und die viele Jahrzehnte im Laden die Backwaren verkaufte, lebt im Gedächtnis der Wathlinger als „use Mama“ weiter. Mit dem Geschäft ging es in den 30er-Jahren aufwärts. Die Kolonie, Adelheidsdorf und Großmoor wurden beliefert. 1934 konnte sich der erfolgreiche Bäcker sogar eine nagelneue Opel-Limousine leisten.

Nach der Währungsreform wurde 1949 die Backstube modernisiert, bevor 1952 sein Sohn Walter übernahm. Auch er ging in seinem Beruf auf. „Der kömmt nie utten witten Tüch rut“, so kannten die Wathlinger ihren Bäcker. Das Geschäft wuchs, Grundstedt belieferte in den 80er Jahren zwei Filialen, eine in Wathlingen, die andere in Wienhausen. Alt-Wathlingerinnen erinnern sich, dass man noch bis in die 70er Jahre seinen Platenkauken zum Abbacken in die Backstube trug oder sich Sauerteig für den eigenen Brotteig abholte.

Im Jahr 2001 endete die Bäckerära Grundstedt in Wathlingen in der dritten Generation. Das Haus, das bereits in den 60er-Jahren an der linken Seite erweitert worden war, bekam neue Fenster und wurde zu einem reinen Wohnhaus umgebaut. Nur die Blende über der Eingangstür erinnert noch ein wenig an die Zeit, als es dort frisches Brot gab.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Eichen

(mt) Von wegen: Die Jugend interessiert sich nicht für ihr Heimatdorf! Das Gegenteil beweisen Schülerinnen und Schüler des Wahlpflichtkurses der Oberschule Wathlingen mit ihrer Biologielehrerin. Unterstützt vom Heimatverein Wathlingen haben sie nicht nur Interessantes, Historisches und Praktisches über Wathlingens Eichen gesammelt, sondern sie haben ihre Ergebnisse auch in das öffentliche Geoinformationssystem KLEKs (Kultur-Landschafts-Elemente-Kataster, https://www.kleks.app/editor) eingetragen. KLEKs ist ein Teilbaustein einer Plattform für das bürgerschaftliche Engagement zur Bewahrung lebenswerter, vielfältiger Natur– und Kulturlandschaften—mithin ein Mittel zur stärkeren Demokratisierung von Naturschutz und Landschaftsplanung. Hier ist der Unterricht der OBS Wathlingen vorbildlich nachhaltig.

Wathlingen ohne Eichen geht gar nicht. Seit Jahrhunderten prägen sie fest das Bild des Ortes und der Flur. Meist sind es Trauben- oder Stileichen, die die Menschen Wathlingens begleiten. Als Hofeichen waren sie für die Bauern in früheren Zeiten so etwas wie ein Sparbuch. Viel zu schade, um als Brennholz verheizt zu werden, wurden sie für die übernächste Generation gepflanzt. Man nutzte sie als Bauholz oder Kapitalanlage, manches Brett einer gefällten Hofeiche hielt man auch für den eigenen Sarg zurück. Auf dem Hof dienten sie als Wetterschutz und fingen den Funkenflug des hofeigenen Backhauses ab. In der Feldmark waren die Eichenwälder rund um das Dorf im Herbst ein begehrter Mastplatz für die Hausschweine. Ihre Blätter dienten als Einstreu für den Stall. Und ältere Wathlinger erinnern sich an die Zeiten, als Eichelkaffee den Bohnenkaffee ersetzen musste. Noch in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts war es eine willkommene Taschengeldaufbesserung für die Wathlinger Kinder und Jugendlichen im Herbst Eicheln im Dorf zu sammeln und sie auf dem Gut beim Förster abzuliefern. Für einen Zentner Stileicheln gab es 10 bis 12 Mark, damals viel Geld. Die Eicheln wurden in einem Wirtschaftsgebäude des Gutes gelagert. Der größere Teil wurde an Baumschulen verkauft, der andere Teil wurde für die winterliche Wildfütterung im Forst gebraucht.

Wenn wir heute nicht aufpassen, verschwinden die Eichen schleichend aus dem Ortsbild. Kurzsichtige Zeitgenossen werfen den Bäumen vor, Tageslicht zu nehmen, ihre Früchte beschädigen den Lack des geparkten Autos und Eichenlaub sei nur lästiger Abfall, den sie entsorgen müssten. Nur wer wachen Geistes ist und an die künftigen Generationen denkt, erkennt ihren Nutzen für das Dorf und die Schönheit der Eichen.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Wasserspiele

(mt) Keine 100 Meter hinter der Einmündung der Erse in die Fuhse im Südsüdosten Wathlingens verbergen sich in der Feldmark diese Überreste eines alten Wehrs. 1876 gründeten Wathlinger Bauern offiziell eine Staugenossenschaft, deren Ziel es war, die Erträge der großen Wiesen– und Weideflächen z. B. der „Rühmse“ (ehemalige Wiesenfläche südöstlich der Trift) zu sichern und zu steigern.

Die Staugenossenschaft nutzte eine naturnahe, Jahrhunderte alte Technik, die unter Nutzung des natürlichen Gefälles allein mit Hilfe der Schwerkraft die Wiesen zweimal im Jahr bewässerte. Mit Hilfe eines Stauwehrs, an dem die Wathlinger Staugenossenschaft mit ⁵⁄₈ und die Bröckeler und Klein-Eicklinger Staugenossenschaft mit ³⁄₈ beteiligt waren, wurde der Wasserspiegel der Fuhse angehoben. Dadurch konnte das Wasser in die Zuleitungs- und Bewässerungsgräben abgeleitet werden. In diese waren in regelmäßigen Abständen Schließen eingebaut. Der Staumeister der Genossenschaft legte fest, welche Schließen wann und wie lange geöffnet und welche geschlossen wurden. Das Wasser trat dann als Rückstau gezielt an dem zu bewässernden Wiesenabschnitt über die Ufer. So wurde der durchwurzelte Wiesenboden in diesem Abschnitt mit Wasser gesättigt. Gleichzeitig führte das Wasser auch Schweb- und Mineralstoffe mit sich und düngte die Wiese. Ein leichtes Gefälle der Wiese sorgte dafür, dass das Wasser nach ein bis zwei Tagen wieder planmäßig in einen Entwässerungsgraben abfloss und in die Fuhse zurückgeleitet wurde. Dann kam der nächste Abschnitt dran.

Damit sicherte die Staugenossenschaft den Viehhaltern auch in trockenen Jahren die Grundversorgung mit Grünfutter und Heu. Viele Bauern erzeugten nun mehr Heu, als ihre eigenen Tiere brauchten und verkauften es bis nach Hannover. Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert die Landwirte ihre Produktion auf Ackererzeugnisse umstellten, die schlechten Wathlinger Böden mit Mineraldünger verbesserten und die motorgestützte Beregnung üblich wurde, ging die Wiesenfläche zurück und die Wiesenbewässerung verlor an Bedeutung. Seit 1962 staute die Wathlinger Staugenossenschaft nicht mehr und löste sich 1968 auf. Die Gräben wurden zugeschüttet und das Wehr gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu einer Sohlgleite zurückgebaut, damit Wirbellose und Fische auch flussaufwärts schwimmen können.

Heute ist die Technik der Wiesenbewässerung nach den Kriterien der UNESCO als Immaterielles Kulturgut eingestuft. Sie fördert eine besonders artenreiche Flora und Fauna und dient der Grundwasserhebung. Eine der ganz wenigen funktionierenden Wiesenbewässerung in Norddeutschland ist heute noch in Edemissen-Rietze im Landkreis Peine zu bestaunen.

1000 Jahre Wathlingen: Ein Stück Barock

(mt) Ziemlich versteckt am südlichen äußeren Rand des weiträumigen Gutsparks von Reden steht dieses architektonische Kleinod aus der Zeit des Barock (1600-1750). Ein achtseitiger (oktogonaler) Holzpavillon mit toskanischen Dreiviertelsäulen auf Postamenten, die durch Rundbogenarkaden verbunden sind. Die achtseitige Kuppel mit Ziegeldach wird durch eine Engelsfigur bekrönt. Die Initialen „JHVL“ im Oval auf der Wetterfahne deuten auf den wahrscheinlichen Erbauer Johann Hermann von Lüneburg, der ab 1690 Herr auf dem Wathlinger Rittergut war und 1696 verstarb. Eine weitere kleine Inschrift im Engelskleid „GvL“ weist auf Georg von Lüneburg (1735-1794) hin, der den Pavillon 1787 gründlich reparieren ließ.

Auch wenn das Wathlinger Rittergut damals innerhalb der Lüneburger Landschaft zu den größeren und besser gestellten Gütern zählte, herrschte hier eine pragmatische und eher sparsame Haushaltführung vor. Weite Bildungsreisen zu anderen Barockanlagen oder die Hinzuziehung eines namhaften Gartenarchitekten passte nicht zu dem vorsichtigen Umgang mit Geld. Inspirationen wurden eher den Büchern der Gutsbibliothek entnommen. Vielleicht hatte man auch Kenntnis von den Planungen des Herrenhäuser Barockgartens in Hannover, denn das Wathlinger Kleinod erinnert an die dortigen vier Eckpavillons. Wie auch immer, im Gutsgarten wurde mit der Errichtung des Pavillons ein architektonisches Ausrufungszeichen gesetzt. Der künstlerisch anspruchsvolle Holzbau, der vorgab, aus Stein zu sein, sprengte nicht den Kostenrahmen und war dem ländlichen Repräsentationsbedürfnis und Geselligkeit durchaus angemessen. Der pragmatische Gutsherr übertrieb es mit dem Luxus nicht, denn er dürfte an wohlgeratenem Gartengemüse, das an einer anderen Gartenecke wuchs, eine mindestens ebenso große Freude gehabt haben wie an diesem italienisch inspirierten Pavillon. Ende des 17. Jahrhunderts war dies ein Beginn für Neues – das Ende der Dagefördeschen Fachwerk-Wasserburg war eingeläutet. Doch äußere Umstände verzögerten den Neubau des Herrenhauses um gut 100 Jahre.

Eine Karte von 1806 belegt die im Zuge dieser Veränderungen vorgenommene gründliche Parkumgestaltung. Die Gartenarchitektur hatte das Barockzeitalter hinter sich gelassen und orientierte sich nun am Vorbild der englischen Landschaftsgärten. Geschwungene Wegeführung, eine natürliche Anlage der Bepflanzung und ein fließender Übergang zur umgebenden Landschaft löste den Barockgarten ab – der beeindruckende Barockpavillon bleib aber erhalten.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Eisenbahnzeitalter

(mt) Es war mehr als nur ein Herzenswunsch der Braunschweiger nicht den hannoverschen Eisenbahnknotenpunkt Lehrte passieren zu müssen, um die Häfen im Norden Deutschlands zu erreichen.

Nach längeren Vorverhandlungen wurde 1912 der Staatsvertrag zwischen Preußen und Braunschweig über einen Streckenbau Braunschweig-Celle unterzeichnet. Die Arbeiten am Bahnhofsgebäude und den Nebenbauten waren schon im August 1915 beendet, aber die Fertigstellung der Trasse verzögerte sich durch den Ersten Weltkrieg. Im September 1920 konnte der Streckenabschnitt Celle-Uetze über Wathlingen eröffnet werden. Die großzügige Trassierung war erkennbar an der fünfmaligen Querung der Fuhse zwischen Eltze und Wathlingen. 1923 war die gesamte Strecke fertiggestellt.

Bei aller Euphorie gab es auch Verlierer der Entwicklung: Die Postkutsche und der Omnibus stellten ihre Fahrten ein, die Frachtfahrer wurden endgültig brotlos. Gleichwohl ermöglichte der Eisenbahnanschluss es den Wathlingern bis Plockhorst zu fahren und dort in den Schnellzug nach Berlin (Lehrter Bahnhof) umzusteigen. Über diese Bahnverbindung soll auch mit dem täglichen Frühzug Gemüse aus der Region auf die Berliner Märkte gelangt sein.

Das Bild zeigt die letzten Gleisarbeiten vor dem Wathlinger Bahnhof. Die Bahnhofsgebäude wurden großzügig dimensioniert und waren nach einem einheitlichen Muster gebaut, daher gleichen sich die Bahnhofsgebäude in Wathlingen, Bröckel und Nienhagen wie ein Ei dem anderen. Jeder Bahnhof war für Personen– und Güterverkehr eingerichtet und mit mindestens einem Ladegleis ausgestattet.

Betriebswirtschaftlich erlangte die Strecke aber nie die erhoffte Bedeutung. 1971 wurde der Personenverkehr auf der Strecke Celle-Plockhorst eingestellt, der Güterverkehr über Wathlingen lief noch bis 1985 weiter. Heute ist die Strecke zurückgebaut. Der Radweg nach Celle folgt der alten Streckenführung.

Mit der Stilllegung und dem Streckenrückbau wurden auch die Bahnhöfe verkauft. Der Wathlinger wird als Wohnhaus genutzt. Der Nienhagener Bahnhof allerdings lebt als ehemalige Diskothek „Ninifee“ in den wildesten Jugenderinnerungen vieler mittelalter Wathlingerinnen und Wathlinger weiter.

1000 Jahre Wathlingen: Alles in Butter

(mt) Wer Wathlingen in Richtung Eicklingen über die Kreisstraße 58 verlässt, kommt kurz vor dem Ortsausgang an der Molkereistraße vorbei. Geht man diese Straße etwa 100 Meter hinein, steht man heute vor einem Wohnhaus, das durch seine straßenseitige lange Rampe auffällt: Die alte Molkerei.

Wie überall, wo Agrarreformen und neue Methoden in der Landwirtschaft zum Einsatz kamen, stiegen Ausgang des 19. Jahrhunderts auch in Wathlingen die Landwirtschaftserträge. Um ihre Milcherträge besser verwerten zu können, gründeten 79 Bauern aus Wathlingen und Nienhagen am 20. Mai 1889 die Wathlinger Molkereigenossenschaft. Im gleichen Jahr begannen die Bauarbeiten für die Molkerei, die mehrmals modernisiert wurde. In der Spitze lieferten Milchviehhalter aus 14 Ortschaften ihre Milch nach Wathlingen.

Die Molkerei bot folgende Produkte an: Voll-, Mager- und Buttermilch, süße und saure Sahne, Speisequark mit 40% Fett und Magerquark und vor allem Butter. Die Wathlinger Sauerrahmbutter war ein Premiumprodukt, denn sie gewann mehrfach Auszeichnungen unter anderem von der überregionalen Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG).

Nach dem 2. Weltkrieg ging es mit der Milchwirtschaft noch einige Jahre gut, aber der Strukturwandel in der Landwirtschaft leitete schließlich auch das Ende der Wathlinger Molkereigenossenschaft ein. Als sich in den 60er-Jahren auf dem Gebiet der damaligen 6 EWG-Staaten (den 3 BeNeLux-Staaten, Italien, Frankreich und Westdeutschland) Butterberge und Milchseen anhäuften, entschloss sich das Gut 1969, das Prämienangebot der EWG anzunehmen, seine 68 Milchkühe aufzugeben und die Produktion umzustellen. Andere Bauern folgten oder gaben ihre Höfe gleich ganz auf. Die Milchanlieferungen gingen zurück und die Geschäftslage der Wathlinger Molkerei verschlechterte sich zusehends.

Am 1.10.1974 fusionierte die schuldenfreie Wathlinger Molkerei mit der Central-Molkerei Celle GmbH. Gebäude und Grundstück wurden verkauft und zu Wohnungen umgebaut.

1000 Jahre Wathlingen: Zwischen Himmel und Erde

(mt) Spätestens der zweite Blick bemerkt die im Vergleich mit den Bauernhäusern andere Architektur, die zentrale Lage gegenüber der Kirche, das repräsentative Etwas: das evangelische Pfarrhaus in der Kirchstraße.

1859 stufte Zimmermeister Scheller aus Bröckel in einem Gutachten das alte Pfarrhaus als hoffnungslos baufällig ein. Daraufhin beschloss 1864 das Königlich Hannoversche Consistorium (die oberste Verwaltungsbehörde der Evangelischen Kirche), in Wathlingen ein neues Pfarrhaus in Massivbauweise zu errichten, denn es war wohl schwierig, an hartes Holz zu kommen. Aber im Dezember desselben Jahres fällt dann doch die Entscheidung für die Fachwerkbauweise. Das Holz steuerte wohl der Kirchenpatron von Lüneburg bei, weitere Gelder die Gemeinde und das Consistorium.

1866 war das neue Pfarrhaus mit seinen 18 Räumen bezugsfertig. Auf der linken Seite (von der Straße aus gesehen) gab es eine Konfirmandenstube, die 40 Konfirmanden Platz bot und zur Freude der Pfarrersfrau über den Hof zu erreichen war. Auf dieser Hausseite lagen auch die Küche, die Speise– und Räucherkammer sowie dahinter das Bad. Repräsentativer Mittelpunkt des Hauses war das durch eine dreigeteilte Tür zu betretende, hochwertig ausgestattete Studierzimmer des Pfarrers. Von hier gelangte man über eine sechsstufige Treppe aus Wesersandstein in den Pfarrgarten, der aus einem Blumen- und Nutzgarten, einer Streuobstwiese und einem Parkteil bestand. Das große Esszimmer lag neben dem Studierzimmer. Der rechte Teil war Familienräumen vorbehalten. Im Obergeschoss fanden sich weitere Familienzimmer, Kammern für die Dienstboten und Abstellräume. Zum Pfarrgrundstück gehörte auch eine Scheune, die später als Gemeindehaus genutzt wurde.

Überall kam dem evangelischen Pfarrhaus seit der Reformation eine besondere Bedeutung zu. Einerseits als Gebäude, das Geborgenheit verheißt, andererseits als Vorbild einer christlichen Lebensform. Seit dem 19. Jahrhundert schüttelte das evangelische Pfarrhaus auch auf den Dörfern zusehends den Charakter des bäuerlichen Nebenerwerbsbetriebes ab und wurde auch hier zu einem Hort der Bildung und Kultur und zu einem Leuchtturm gegen säkularen Sinnverlust. In den dunkelsten Jahren Deutschlands entwickelte es sich zu einem Bollwerk gegen Barbarei und gegen die weitgehende Entkirchlichung der ländlichen Bevölkerung. Heute hat sich im Pfarrhaus viel abgeschlossene Privatsphäre herausgebildet, es ist nicht mehr von besonderem Interesse als Vorbild für andere Häuser. Aber geblieben ist ein Hauch von Beständigkeit: Pastoren wechseln, Pfarrhäuser bleiben.

1000 Jahre Wathlingen: "Ein feste Burg"

(mt) Nicht nur unser Dorf hat 2022 etwas zu feiern, sondern auch unsere Dorfkirche. Sie wurde wohl vor 700 Jahren erbaut. Vermutlich gab es an dieser Stelle seit 1070 bereits eine erste Kirche aus Lehmfachwerk oder Holz, die aber keinerlei Spuren hinterlassen hat. Die gotische Backsteinkirche St. Marien ist nach dem Baubefund an dieser Stelle um 1322 errichtet worden. Aus dieser Zeit erhalten sind die Sakristei mit dem schönen Kreuzgewölbe und das Südportal mit mehreren übereinander liegenden Spitzbögen.

Zur Kirchenausstattung gehört ein um 1490 geschnitzter Flügelaltar. In seinem Schrein befindet sich ein Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige, in den Flügeln sind die zwölf Apostel dargestellt, außen sind Szenen aus dem Leben Jesu gemalt. Gotische Wandmalereien aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, ein auf um 1500 datiertes Vortragekreuz, ein kleines Kruzifix vom Anfang des 16. Jahrhunderts und die Orgel mit barockem Prospekt von 1707 sind zu besichtigen. An den Langhauswänden gibt es drei Epitaphien: Das älteste von 1582 zeigt die Familien von Dageförde und von Heimbruch, auf dem zweiten von 1586 kniet Werner von Dageförde († 22. Februar 1586), das jüngste Epitaph von 1619 stiftete Ilse von Offensen, Priorin des Klosters Wülfinghausen († 1647), für ihren Bruder Franz Otto von Offensen.

Wie durch ein Wunder überstand die Kirche den großen Dorfbrand von 1695, der zwei Drittel des Dorfes zerstörte. Ein Jahr später wurde der Kammerjunker Werner Ludwig von Lüneburg mit dem Patronat über die Kirche belehnt. Dieses erbliche Recht wird heute von der Familie von Reden wahrgenommen. 1696 – 1704 wurde die baufällige Kirche verändert und dabei nach Westen erweitert (siehe Steintafel an der Südseite). 1816 stürzte das nachträglich eingebaute Chorgewölbe ein und zerstörte die Gruft unter dem Altarraum. 1972–74 wurde die Nordempore, die Patronatsprieche und Kanzel entfernt.

Die Reformation unter Herzog Ernst dem Bekenner, Fürst von Lüneburg, erlebte Wathlingen wie andere Orte im Fürstentum Lüneburg als typische landesherrliche Reformation, die sich ohne größere Kämpfe im Land durchsetzte. Seit Mitte der 1520er Jahre hatte Herzog Ernst in seiner Residenzstadt Celle die Reformation unterstützt und 1527 beschlossen die Landstände den Wechsel zum ev. Bekenntnis.

Als der Friedhof auf dem Kirchhof zu klein wurde, richtete die Kirchengemeinde 1908 an der Grenzstraße – damals noch am Dorfrand gelegen – den neuen kirchlichen Friedhof ein. Viel später kam der kommunale Friedhof hinzu.

1000 Jahre Wathlingen: Neue Nutzung für das Küsterhaus

(mt) Aus dem Jahr 1604 stammt der älteste Nachweis einer Schule in Wathlingen, die in der Küsterei untergebracht war. Der Küster war damals auch Organist und Dorfschullehrer und versorgte sich und seine Familie obendrein durch seine kleine Landwirtschaft. Das große Feuer, das am 25. Mai 1695 in einem Gebäude am nördlichen Rande des Kirchhofs ausbrach und zwei Drittel des Dorfes vernichtete, zerstörte auch die alte Küsterei. Die Dörfler legten sich mächtig ins Zeug und bereits im darauf folgenden Jahr war das Schul– und Küsterhaus als Zweiständer-Hallenhaus wieder aufgebaut worden.

1852 erfolgte ein durchgreifender Umbau des Gebäudes, der sich prägend auf seine Gestalt auswirkt: So wurde z. B. das alte Kammerfach mit der Schul- und der Küsterwohnstube abgerissen und in deutlich vergrößerter Form neu errichtet, denn eine größere Schulstube war notwendig geworden. In diesem einklassigen Schulraum fand bis Ende des 19. Jahrhunderts der Unterricht für die Dorfkinder statt. Als 1892 die Schulnutzung in das östlich benachbarte Gebäude verlegt wurde, diente das Küsterhaus als Wohnhaus für Lehrer, Rektoren, Gemeindeschwestern oder Küsterinnen. So erinnert sich eine Alt-Wathlingerin noch an die Zeit um 1943/44: „Das Küsterhaus war damals das Haus von Schwester Hermine, der Diakonin in blauer Tracht mit weißer Schürze. Von ihr wurde im Dorf sehr respektvoll gesprochen. Wenn irgendetwas war, ob Verletzung oder Fragen, hieß es immer: ‘Geh zu Schwester Hermine!‘ … denn einen Arzt gab es hier noch nicht.“

2020 begann die Kirchengemeinde das Küsterhaus aus seinem Dornröschenschlaf aufzuwecken. Die Generalsanierung und der Umbau zu einem modernen Gemeindezentrum sind der Grundstein für ein lebendiges Gemeindeleben. Am 28. August 2022 wird das renovierte alte Küsterhaus in Anwesenheit des ev.-luth. Landesbischofs Ralf Meister im Rahmen eines Gemeindefestes eingeweiht. Über 60% der Baukosten hat der Kirchenkreis Celle übernommen, dann kamen Gelder von der Aktion Mensch, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, von dem staatlichen EU-Förderprogramm LEADER und aus dem Programm ZILE. Die Wathlinger Kirchengemeinde muss den Rest aufbringen und ist immer noch für jede Spende dankbar.

1000 Jahre Wathlingen: Vom Anstreicher zum Künstler

(mt) „Eigenständig, eigenwillig, unverwechselbar“, so lautet das Urteil der CZ über den Wathlinger Künstler Herbert Blasek, dessen Werke in Deutschland, England, Finnland, Schweden und Frankreich Beachtung fanden. Wer im Landkreis Celle unterwegs ist, trifft auf das vielfältige Werk des Wathlingers: Die Eulenspiegel Steele vor dem Cafe Müller in Celle am Südwall, die Blasek-Eiche in Wienhausen, die Glasfenster in der neuen Wathlinger Friedhofskapelle, sind nur wenige Beispiele.

Geboren am 30. August 1912 als Sohn eines Wathlinger Bergmanns, besuchte Herbert Blasek die hiesige Volksschule, erlernte in Celle das Malerhandwerk und arbeitete danach als Geselle. Sein Berufsschullehrer, der Celler Kunstmaler Carl Bohe, förderte ihn und wies ihm den Weg zur Meisterschule des deutschen Handwerks in Hannover, die er von 1936 bis 1939 besuchte. Dort lernte er das Kunsthandwerk von der Pike auf. Den Krieg erlebte er als Zeichner im Regimentsstab. 1946 kehrte er nach Wathlingen zurück, arbeitete in seinem erlernten Beruf und malte nebenbei. Er entdeckte die freie Malerei als Kunstrichtung für sich, schuf farblich überbordende Ölbilder, Sgraffitos und monumentale Stelen. Bäume waren für ihn Sinnbilder des Unvergänglichen, alte Eichenbalken aus Bauernhäusern faszinierten ihn. In der Umgebung erlangte er schnell eine gewisse Berühmtheit. „Er war so´n – wie heißen die noch, die als Künstler in Paris leben? – So´n Boheme, das war er.“, erinnert sich heute eine Alt-Wathlingerin. Seine Rechnungen bezahlte Blasek nach dem Kriege oft in Aquarellbildern, die Wathlinger Dorfszenen, Blumen- und Naturmotive zeigten. Längst nicht alle Gläubiger schätzten allerdings diese „Künstler-Währung“.

1957 versetzte ihm der Tod seiner ersten Frau einen tiefen Schock. Seine Motive änderten sich. Erstmals reist er nach Spanien, angeregt durch die Kunst der katalanischen Mönche, die sich einst ihre Gläubigkeit von der Seele malten, entwickelte er sich zu einem modernen Nachfahren dieser Tafelmaler. Seit dieser Zeit arbeitete Blasek als freischaffender Künstler. Sakrales, Märchenhaftes, Mythen und Symbolhaftes sind der rote Faden seines Werkes, das sich nicht leicht kategorial erfassen lässt. Er wolle helfen, „die Erhabenheit der Schöpfung den Menschen zu vermitteln“, so beschrieb der Künstler einmal sein Schaffen. Am 12. Januar 2006 starb Herbert Blasek im Alter von 94 Jahren. Er ist auf dem Friedhof in Bockelskamp begraben.

1000 Jahre Wathlingen: Ort der Entscheidungen

(mt) Die Schul- und auch die Kirchstraße münden in Richtung Eicklingen in das Halbrund des Platzes „Am Thie“. Noch heute umgeben mehrere der ältesten Bauernhäuser diesen Platz im Osten unseres Dorfes, der heute vom Feuerwehrhaus überbaut ist.

Schon vor über tausend Jahren mögen sich an dieser Stelle – vielleicht damals unter Linden - die freien Bauern Wathlingens zu Beratungen zusammengefunden haben. Hier wurde wohl unter Leitung des gewählten Bauermeisters (mhd. Burmeister) über öffentliche Angelegenheiten des Dorfes beraten, die Anordnungen der Obrigkeit wurden hier entgegengenommen und verlesen, das Los über die jährliche Verteilung der Gewanne (= die im Rahmen der mittelalterlichen Dreifelderwirtschaft privat genutzte Fläche) wurde hier geworfen, die Verpachtungen der Gemeindeländereien und die Verpflichtung der Hirten durch Handschlag fanden hier statt und es war wohl auch der Ort, wo später die Dorfgemeinschaft ihre Feste feierte.

Thie-Plätze oder Thie-Orte gibt es in vielen Dörfern im Raum zwischen Kassel und Hannover. Die Herleitung des Wortes „Tie“ ist nicht eindeutig. Nach einer Deutung besagt das Wort so viel wie „ansagen, verkünden“ und dies würde der Funktion des Platzes entsprechen. Eine andere Deutung lehnt es vom altenglischen „tig“ oder „tih“ und dem altnordischen „teigr“ ab, was „Hof“ oder „Platz“ bedeutet. Beides scheint möglich und beides macht Sinn.

Eine populäre Verwechslung gilt es zu vermeiden: Ein Thie-Platz hatte immer einen direkten Bezug zum Dorf. Er ist nicht mit einer „Thingstätte“ zu verwechseln, die regionale und teilweise sogar überregionale Bedeutung hatte und außerhalb der Dorfgemarkung lag.

Es wäre eine nette Geschichte, wenn es die Magie der alten Versammlungsstätte gewesen wäre, die in den fünfziger Jahren den Gemeinderat wieder in die Nähe des alten Versammlungsortes zog. Damals hielten die Ratsleute nämlich ihre Sitzungen über das Wohl und Wehe des Ortes in der „Kiemannschen Gastwirtschaft“ (auch „Gasthaus Niedersachsen“) ab, die Am Thie 2 lag, in unmittelbarer Nähe zum Versammlungsplatz der Altvorderen. Erst am 3. Dezember 1959 zogen sie in das neue Rathaus „Am Schmiedeberg“ um.

1000 Jahre Wathlingen: Nach nur 33 Jahren wieder abgerissen

(mt) Auf dem Villeparisis-Platz stehen heute ein Penny-Markt und ein Altenheim. Nichts erinnert mehr an das „Wathlinger Bürgerhaus“.

Landauf und landab gab es in den 60er-Jahren heftige Diskussionen um das Für und Wider von Dorfgemeinschaftshäusern. Unser Dorf hatte nach dem Zuzug von Flüchtlingen nach dem Krieg und durch die Siedlungsaktivität in den 60er-Jahren eine Verdopplung der Einwohnerzahl auf 4800 erlebt, was den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft erheblich belastete. Um Abhilfe zu schaffen, gab es seit 1959 im Rat immer wieder Vorstöße eine Begegnungsstätte für Alt- und Neubürger zu bauen. Dringender waren zunächst aber Investitionen in die Infrastruktur wie Straßenbau, Trinkwasserversorgung, ein Klärwerk und eine große Turnhalle.

Am 7. Mai 1980 beschloss der Rat endlich das Dorfgemeinschaftshaus. Den Architektenwettbewerb gewann eine Braunschweiger Architektengruppe. Für knapp 4 Millionen D-Mark entstand ein raumbildender und kompakter Flachdachbau, dessen Raum- und Deckenflächen kräftige und sichtbare Holzbinder gliederten. Kern des Hauses war der 440m² große Veranstaltungssaal mit ca. 500 Plätzen. Unter dem Dach gab es auch 4 Clubräume für Vereine, ein Restaurant und die Dorfbücherei. Den Grundstein legte am 31. Juli 1980 Bürgermeister Heinz Homann (verstorben am 5. Februar 1981). Nach etwa zehnmonatiger Bauzeit eröffnete sein Nachfolger Bürgermeister Hans-Wilhelm von Reden am 4. Juni 1981 den Bau. Den Wettbewerb um den Namen des Gebäudes gewann ein Nienhagener Bürger mit dem Vorschlag: „Wathlinger Bürgerhaus“.

In den folgenden fast drei Jahrzehnten prägte das Bürgerhaus das gesellschaftliche Leben des Dorfes. Dann lief ein Renovierungsstau auf und Planungsversäumnisse wurden sichtbar. „Vom Energetischen betrachtet, war das Bürgerhaus völlig vermurkst. Das Dach war nicht isoliert und nicht dicht zu bekommen.“, erinnert sich heute eine damalige Ratsfrau. Hinzukam, dass die Konstruktion Lärm in den Untergrund leitete und Feiern so zu einer Belastung für die Anwohner wurden. Als ein Anlieger erfolgreich Beschwerde führte, verbot der Landkreis die weitere Nutzung. Alle Veranstaltungen im Bürgerhaus mussten um 22.00 Uhr enden. Unter diesen Bedingungen war das Haus nicht mehr wirtschaftlich zu führen.

Obwohl eine kleine Gruppe lautstark protestierte, wurde das Wathlinger Bürgerhaus im Spätherbst 2012 nach nur 33 Jahren abgerissen. Seine Funktionen übernahm der 4G-Park an der Kantallee.

1000 Jahre Wathlingen: Wo ständig die Flamme loderte

(mt) Unser Rathaus steht auf historischem Boden, denn hier soll die Keimzelle des Dorfes sein. Die älteste Adelsfamilie von Watling, über die kaum etwas bekannt ist, hatte wohl an dieser Stelle ihren Gutshof erbaut. Nach dem Aussterben derer von Watling fiel das Gut an die Adelsfamilie von Bortfeld. Dennoch ist dieser Platz nach keinem dieser Adelsgeschlechter benannt. Wir müssen mehr als 200 Jahre zurückgehen, um eine plausible Begründung für den heutigen Namen „Am Schmiedeberg“ zu finden.

Der Schmied war seit dem Altertum in jeder Gesellschaft hoch angesehen, denn er war derjenige, der Schwerter, Rüstungen, Hufeisen, Nägel, Pflüge, Radreifen und alle notwendigen Eisenprodukte herstellte. Auch in Wathlingen gab es mindestens eine Dorfschmiede, die am Hasklint gewesen sein soll. 1809 vernichtete der dritte große Dorfbrand diese Schmiede und das Wohnhaus. Die Adelsfamilie von Lüneburg ließ nun eine neue Gutsschmiede samt Wohnhaus auf dem ehemaligen Gutsgelände derer von Watling errichten.

1954 löschte der letzte Schmied Friedrich (Fritz) Pröve hier die Flammen in der Esse und stellte seinen Betrieb ein. Damals beschlich manchen Dorfbewohner das mulmige Gefühl, dass wieder ein Teil des alten Dorfes zu Grabe getragen wurde. In der neuen Zeit braucht niemand mehr einen Gutsschmied, der mit kräftigen Schlägen am Amboss das Eisen bearbeitet. Die Schmiede und das Wohnhaus waren baufällig und nicht mehr zu retten.

Aber jedem Ende wohnt ein Anfang inne! Seit 1852 galt das hannoversche Gesetz über die Landgemeinden, das an die Spitze der Dorfverwaltung den Gemeindevorsteher setzte. Sein Amtszimmer war bis Kriegsende 1945 in Wathlingen im Haus des jeweiligen Gemeindevorstehers (später als Bürgermeister bezeichnet) untergebracht. Das änderte sich nach dem Krieg und im Oktober 1945 zog die Gemeindeverwaltung in das altes Schulgebäude Kirchstraße 2a ein. Der Aufbau einer modernen Verwaltung begann und nach einigen Jahren reichte der Platz nicht mehr für die gewachsenen Aufgaben und das neu eingestellte Personal. Die Gemeinde erwarb 1955 das ungenutzte Gelände „Am Schmiedeberg“ und begann, Rücklagen für den Bau eines Rathauses zu bilden. Nach dem Abriss der Schmiede und des Wohnhauses erfolgte am 19. September 1958 die Grundsteinlegung für das neue Rathaus. Ein gutes Jahr später übergab der Architekt am 3. Dezember 1959 die Schlüssel zum Rathaus „Am Schmiedeberg“.

1000 Jahre Wathlingen: Understatement – das Gutshaus

(mt) Wer Wathlingen über die K58 in Richtung Eicklingen verlässt, entdeckt nach ein paar hundert Metern rechter Hand einen schlichten, aber zugleich herrschaftlichen Bau – das Gutshaus der Familie von Reden.

Die alte Dagefördesche Wasserburg, die an die Niederung hinten im heutigen Park stand (vgl. 6/52), war morsch und baufällig geworden. Die Familie von Lüneburg beschloss daher, sie abzureißen und etwas versetzt auf dem Gelände der Vorburg ein neues Gutshaus zu errichten. Anders als heute, begann man um 1790 zunächst mit dem Umbau des Parks nach dem Vorbild der englischen Landschaftsgärten (vgl. 30/52). Man wollte dem Park Zeit geben, sich zu entwickeln, bevor der Hausbau beginnen sollte.

Georg Friedrich Detlev von Lüneburg gelang es, einen der damals bekanntesten Baumeister im Königreich Hannover für sein Wathlinger Bauvorhaben zu gewinnen. Christian Ludwig Ziegler (1748-1818) hatte in Göttingen studiert. Studienreisen führten ihn nicht nur in die brandenburgischen und sächsischen Länder, sondern bis nach Amsterdam und Paris. Seit 1778 war er Landesbauverwalter im Fürstentum Lüneburg und Cellescher Hofbaumeister. Unter seiner Leitung begann 1799 der Neubau des Gutshauses im Stil der hannoverschen Herrenhäuser. Allerdings belasteten die Folgen der Überschuldung nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) und die Koalitionskriege gegen das revolutionäre Frankreich später gegen Napoleon (1792-1815) die Kasse der Familie von Lüneburg, so dass bei der Bauausführung Sparsamkeit walten musste. Das holzverschalte Gebäude mit Krüppelwalmdach besaß zunächst als einzige Verzierungen das Band zwischen den Geschossen, die Kranzleiste und drei Dachgauben.

Der Balkon und der Giebel wurden erst um 1924 gebaut, als der Gutsherr Hans von Lüneburg und seine Ehefrau Anna von Klencke nach Wathlingen zogen. Anna von Klencke war auf der Hämelschenburg an der Weser aufgewachsen, einem repräsentativen Kleinod der Weserrenaissance zwischen Hameln und Bad Pyrmont. Damit sie im schlichten Wathlinger Gutshaus ein wenig schneller heimisch werde, schenkte ihr Hans von Lüneburg dieses architektonische Upgrade.

1000 Jahre Wathlingen: Genießbares Brot ist ein Muss

(mt) Der Blick auf das weiße Fachwerkhaus am Bohlgarten 2 offenbart den symmetrischen Aufbau: in der Mitte ein niedriges Gebäude, links und rechts die Zwillingstürme. Auf dem Dach ein für ein Wohnhaus ungewöhnlich hoher Schornstein. Etwa 100 Jahre lang wurden hier Brot und Kuchen gebacken.

Am Ausgang des 18. Jahrhunderts war der Obrigkeit klar, dass die bisherigen Methoden der Landwirtschaft die wachsende Bevölkerung nicht mehr ernähren konnten. Ein langer Reformprozess begann: Agrarreformen, Bauernbefreiung, Albrecht Thaers rationelle Landwirtschaft und Justus Liebigs Mineraldünger ließen nicht nur die Ernteerträge rasant steigen, sondern auch die Arbeitsbelastung der Bauern. Die wussten sich nicht anders zu helfen, als alles, was nicht unmittelbar mit der Feldbestellung zu tun hatte, auszulagern. Profis übernahmen jetzt in Backstuben das zeitaufwendige und brandgefährliche Brotbacken.

Wer den Einfall hatte und wann genau von 48 Wathlinger Bauern die Backhausgenossenschaft gegründeten wurde, liegt im Dunkeln. Die Grundidee war bestechend: Die Bauern lieferten im Backhaus ihr Korn ab und bekamen gegen eine geringe Backgebühr „genießbares Brot“, wie es in den Pachtverträgen hieß. Das erste Dokument, das über die Genossenschaft Auskunft gibt, ist ein Kreditvertrag für das Backhaus über 1000 Thaler Courant aus dem Jahr 1869. Damals stand nur der Mittelteil des heutigen Gebäudes. Das Genossenschaftsmodell war ein Erfolg. 1911 baute die Genossenschaft den linken Turm mit einem Café und Kammern für die Hausmädchen, Lehrlinge und Gesellen. 1924 folgte der rechte Turm. Hier richteten die Genossenschaftler eine hochmoderne Backstube ein. Im linken Turm gab es seitdem einen Kolonialwarenladen.

Persönliche Rückschläge der damaligen Pächterfamilie und der Krieg setzten dem Aufstieg des Backhauses zunächst ein Ende. Erst als 1949 Rudolf Wittig als Pächter für 9 Jahre die Backstube übernahm, konnte die Bäckerei an alte Erfolge anknüpfen. Jedoch war die Zeit über den alten Genossenschaftsgedanken hinweggegangen. 1958 entschieden die Mitglieder, die Genossenschaft aufzulösen. Das Haus wurde verkauft und beherbergte eine Zeitlang noch ein Ladengeschäft, bevor es erneut verkauft wurde. 1987 renovierte der neue Besitzer das Backhaus gründlich und seitdem wird es als Wohnhaus genutzt.

1000 Jahre Wathlingen: Das Forsthaus

(mt) Wem fällt hier nicht gleich Loriots schwarzhumoriges Adventsgedicht ein? Aber keine Sorge, in unserem Forsthaus fand kein Gattenmord statt. Der Hinweis auf den Beruf des Bewohners ist nicht zu übersehen: Am Giebel des Hauses in der Straße „Alter Hof“ prangt ein kapitales Geweih, darüber 1888 als Baujahr.

Der Blick der Deutschen auf ihren Wald änderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts. Langsam aber stetig erkennen die Verantwortlichen, dass der Wald keine schier unerschöpfliche Rohstoff- und Nahrungsquelle ist, sondern ebenso zu bewirtschaften ist wie ihre Felder. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kommt es dann allerorts noch zu Agrarreformen. Auch in Wathlingen wurden damals die bisher gemeinsam genutzten Waldbestände zwischen dem Dorf und dem Gut aufgeteilt. Kein einfaches Unterfangen, denn es ging um Einkünfte und Besitz und so dauerte es gut 50 Jahre, bevor sich die Beteiligten 1875 in einem Vertrag einigten.

13 Jahre später wurde das Forsthaus errichtet, in dem es neben den Wohnräumen für die Familie ein halb öffentliches, halb privat genutztes Dienstzimmer des Försters gab und eine Wildkammer, in der das erlegte Wildbrett über Nacht abhing und dann vom Förster gehäutet und zerlegt wurde.

Als der studierte Forstmann Hans von Lüneburg das Gut erbte, stellte er 1924 den Förster Reimers ein, der mit seiner Familie bis zu seinem Ruhestand Anfang der 50er-Jahre das Haus bewohnte. Seine Aufgaben waren die Waldbewirtschaftung von der Pflanzung bis zum Einschlag und Verkauf des Holzes, die Aufsicht über die Waldarbeiter und die Hege des Wildbestandes. Seine aus Pommern stammende Ehefrau pflegte ein ausgesprochen gutes Verhältnis zur Gutsherrin Anna von Lüneburg, geb. von Klencke. Als bei Kriegsende die britischen Besatzungstruppen das Gutshaus besetzten, zogen die Familien von Lüneburg und von Reden ins Forsthaus, das unter der Regie von Frau Reimers in dieser schweren Zeit ein sicheres Domizil war.

Auf Förster Reimers folgte Alois Kater, dessen hohe Professionalität und Tüchtigkeit den heutigen Altwathlingern noch in Erinnerung ist. Er stand bis 1973 im Gutsdienst. Dann waren es ökonomische Zwänge, die zur Aufgabe der Försterstelle zwangen. Aktuell ist das Forsthaus entkernt und es werden dort Wohnungen eingerichtet.

1000 Jahre Wathlingen: Die Brücke

(mt) So tragisch wie in dem gleichnamigen deutschen Antikriegsfilm von Bernhard Wicki aus dem Jahre 1959 verliefen die Stunden vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in Wathlingen Gott sei Dank nicht. Gleichwohl wurde die Fuhse-Brücke an der L 311 nach Eicklingen am 12. April 1945 von Angehörigen der Wehrmacht oder der Waffen-SS gesprengt. Eine Intervention des Wathlinger Volkssturmführers Lehrer Seffer bei der Wehrmacht blieb erfolglos.

Adolf Hitler hatte am 19. März 1945 den sog. „Nero-Befehl“ unterzeichnet, wonach alle Infrastruktur, die der Feind bei seinem Vordringen ins Reichsgebiet nutzen könnte, zerstört werden sollte. Wer sich dem widersetzte, riskierte standrechtlich erschossen zu werden.

Wathlingen erwartete die in Burgdorf stehenden amerikanischen Truppen am 12. April. In den Tagen zuvor waren Truppenteil der Wehrmacht und Waffen-SS durch das Dorf gezogen. Die Zivilbevölkerung sorgte sich, dass es in Wathlingen zu Kämpfen kommen könnte. Vorsorglich waren die Keller der Privathäuser als Unterschlupf eingerichtet. Es war ein mehr oder weniger offenes Geheimnis, dass die Amerikaner möglichst rasch an die Elbe kommen wollten. Wann immer sich in einem Dorf militärischer Widerstand regte, zögerten sie nicht, sofort schwere Waffen einzusetzen.

Die Sprengung der Fuhse-Brücke ließ die heranrückenden Amerikaner vermuten, dass deutsches Militär den Ort verteidigen wollte. Daraufhin beschoss die US-Artillerie, die beim Kaliwerk an der Hänigser Straße wartete, das Dorf. Zwei Häuser gerieten in Brand, an mehreren entstand Sachschaden und Friseurmeister Fricke wurde durch einen Granatsplitter getötet. Mittags war der Beschuss vorbei und die Amerikaner marschierten ein. Drei Stunden brauchten sie, um die gesprengte Brücke mit Holz vom Sägewerk Graß und Sundermann behelfsmäßig befahrbar zu machen, dann zogen die Einheiten des 638. TD. Bat. (638th Tank Destroyer Battalions) in nördlicher Richtung weiter.

In den folgenden Monaten wurde von Deutschen eine Notbrücke aus Holz gebaut, die im November 1945 fertig war. Eine Stahlkonstruktion ersetzte sie 1955/56.

1000 Jahre Wathlingen: Die Kolonie

(mt) Wer die L 311 nach Hänigsen fährt, passiert hinter dem Kreisel eine größere Freifläche, bevor die Bebauung wieder beginnt. Bis heute besteht nämlich eine räumliche Trennung zwischen Kolonie und Dorf.
1902 war die Kaligesellschaft „Niedersachsen“ gegründet worden, 1905 begannen die Abteufarbeiten und 1911 wurden erstmals Kalisalze verschickt. In der Anfangszeit kamen und gingen die Arbeiter, die weder zum Werk noch zum Dorf eine enge Beziehung entwickelten. Sie wohnten in den umliegenden Gasthöfen oder in Kammern bei den Bauern. Die Fluktuation tat weder dem Werk noch dem Dorf gut. Die Kaligesellschaft versuchte daher die Arbeiter vor Ort zu halten.

Schon im Oktober 1905 war das erste „Beamtenhaus“ („Industriebeamte“ heißen später „Angestellte“) an der Ecke Zum Bröhm/Riedelstraße fertig gestellt. Es war die Keimzelle der in den folgenden Jahren entstehenden „Kolonie“, die die Riedel-, Niedersachsen- und Knappenstraße sowie In der Aue und Zum Bröhm umfasste. 1906 folgten die ersten vier Häuser für Arbeiterfamilien. 1911 wurden an der Riedelstraße 17 Häuser mit 68 Wohnungen gebaut, 1911 kamen 10 weiter hinzu. Ende der 20er Jahre wurden 47 Häuser gezählt. In jedem Haus gab es 4 Arbeiterwohnungen. Jede Wohnung umfasste vier Räume mit Keller und Stallungen für Schweine und Ziegen sowie Gartenland und einer Waschküche pro Haus. Durch Abwandlung vorgegebener Architekturformen zeigen die Mehrfamilienhäuser noch heute ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild. Seit 1911 wohnte der Fabrikleiter in einer repräsentativen Villa in der Niedersachsenstraße. Seine Nachbarn waren der Grubeninspektor und der Betriebsleiter.

Von Anbeginn war das Verhältnis zwischen Kolonie und Dorf gespannt. Hier die alteingesessene Dorfgemeinschaft, deutsch-hannoveranisch-konservativ geprägt, dort eine sozialdemokratisch gesonnene Arbeiterschaft. 1907 gründetet sich folgerichtig die Ortsgruppe der SPD, deren Gründungsmitglieder fast alle auf der Kolonie wohnten. Das Nebeneinander von Dorf und Kolonie ließ sich in den 20er- und 30er-Jahren an dem Nebeneinander der Vereine ablesen: zwei Sportvereine (MTV und die Freie Turnerschaft), zwei Theatergruppen, zwei Radfahrvereine (Adler und Solidarität), zwei Kegelklubs.

Heute sind alle Häuser verkauft und modernisiert. Die Eigenständigkeit der Kolonie ist bis heute eine Besonderheit der Wathlinger Dorfgemeinschaft.  

1000 Jahre Wathlingen: Das Rathaus

(mt) Es gibt wohl kaum eine Wathlingerin oder einen Wathlinger, der nicht schon einmal in diesem Gebäude war. Unser Rathaus ist im Lauf der Zeit immer wieder an- und umgebaut worden, die Ursprungsarchitektur ist kaum noch zu erkennen.

Bis 1945 befand sich das Amtszimmer der Gemeindeverwaltung im Haus des jeweiligen Gemeindevorstehers. Am 1. Oktober 1945 zog die Gemeindeverwaltung dann in das alte Schulgebäude Kirchstraße 2A, das zum Gemeindebüro umgebaut worden war. Zum 1. November, bzw. 1. Dezember1947 wurden eine Schreibkraft und eine Bürokraft eingestellt. Der Aufbau einer modernen Verwaltung begann.

1955 erwarb die politische Gemeinde das gesamte Gelände Am Schmiedeberg. Es ist ein historischer Ort, denn hier soll die älteste Adelsfamilie von Watling gesiedelt haben. An diesem Mittelpunkt des alten Dorfes sollte das Rathaus gebaut werden, wie der Rat 1956 beschloss. Allerdings war anfangs nicht jedes Ratsmitglied angesichts der noch herrschenden Wohnraumnot im Dorf von der Dringlichkeit des Rathausbaus überzeugt. Schließlich setzte sich aber doch die Einsicht durch, dass die auf 4200 Einwohner angewachsene Gemeinde nicht mehr aus der Enge des alten Schulgebäudes zu verwalten sei.

Im September 1958 begannen die Ausschachtungsarbeiten für das Rathaus, das damals nur aus dem parallel zum Rathauspark stehenden Gebäudeteil bestand. Am 3. Dezember 1959 übergab der Architekt Wolf-Dieter Wockenfuss die Schlüssel dem Wathlinger Bürgermeister Karl Bleckmann im Rahmen einer Feierstunde.  Sehr zurückhaltend deutete der Architekt die wohl nicht immer einfache Zusammenarbeit mit dem Rat an. Oft habe es langer Ratssitzungen bedurft, bevor man sich auf einen endgültigen Entwurf einigen konnte. Neben Büroräumen für die Verwaltung gab es jetzt endlich einen repräsentativen Sitzungssaal und Räume für den Publikumsverkehr. Die Gemeinde teilte sich damals das Gebäude mit der Kreissparkasse als Mieter, die hier eine Hauptzweigstelle mit eigener Kontoführung für die 900 Wathlinger Kunden errichtete, die am 30. November 1959 immerhin 1.531.000 DM auf ihren Konten bei der Kreissparkasse liegen hatten.

Im Laufe der Jahre wuchsen die Aufgaben der Verwaltung, das Rathaus wurde um- und angebaut, das letzte Mal durch einen Ausbau des Dachgeschosses, der im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde.

1000 Jahre Wathlingen: Das Ehrenmal

(mt) Ein Volk, eine Nation definiert sich nicht nur durch seine biologische Abstammung, sondern wesentlich durch seine gemeinsamen Erinnerungen und Erzählungen. Kriegserinnerungen bleiben dabei ganz besonders im Gedächtnis aller Völker. An dem gemeinsamen (oder kollektiven) Gedächtnis wird von den Menschen, den Medien und der Politik ständig „gearbeitet“. Etwas kommt hinzu, anderes wird ins Abseits gestellt, wieder anderes wird umgedeutet.

Wathlingens Ehrenmal ist ein Teil dieses gemeinsamen Gedächtnisses. 1920 beschloss die Gemeinde für die 72 Wathlinger, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben ließen, an der Ecke Am Schmiedeberg/Schulstraße ein Denkmal zu errichten. Die Familien werden mit ihrer Trauer nicht allein gelassen, denn die Dorfgemeinschaft fängt sie auf, indem sie die Erinnerung an die Gefallenen wachhält. Am Himmelfahrtstag 1922 wurde das Denkmal mit einem würdigen Festakt eingeweiht. Nur 23 Jahre später mussten die Wathlinger 302 Gefallene und Vermisste des Zweiten Weltkrieges betrauern.
Das alte Ehrenmal war durch Witterungseinflüsse so baufällig geworden, dass es 1955 abgerissen werden musste. Nachdem 1954 die Gemeinde das Gelände auf dem Schmiedeberg erworben hatte, bot sich die Möglichkeit für eine großzügige Umgestaltung des Platzes zu einem Park. Hier sollte ein neues Mahnmal seinen Platz finden.

Der Denkmalausschuss der Gemeinde schloss zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges am 16. Mai 1955 seine Planungsarbeiten für ein neues Denkmal ab. Finanziert wurde es ausschließlich durch Spenden. Der Bielefelder Bildhauer Karlheinz Rhode-Jüchtern schuf ein viereckiges Mahnmal aus Kirchheimer Muschelkalk. Das Relief der Vorderseite zeigt stehend einen gefallenen Krieger, der ein großes Kreuz in den Händen hält, die linke Seite ist den Opfern von Flucht und Vertreibung, die rechte Seite den Vermissten und Gefangenen gewidmet. Die Rückseite zeigt die Inschrift: „Den Toten zur Ehre † Den Lebenden zur Mahnung. 1914/18 \ 1939/45“.  Neben den gefallenen Soldaten und den Opfern von Flucht und Vertreibung rückt das Mahnmal die Mahnung zum Frieden ins Bewusstsein der Lebenden.

Am Volkstrauertag 1955 übergab Gemeindedirektor Kühn in Anwesenheit von Vertretern aller Vereine und Verbände in einer Feierstunde der Gemeinde das Mahnmal. Der evangelische Pastor Conrad hielt unter Beteiligung des katholischen Dorfgeistlichen die Weiherede und nannte die Gedächtnisstätte, so schrieb es die CZ, einen Sammelpunkt der inneren Einkehr und des stillen Gedenkens.

1000 Jahre Wathlingen: Zweimal Wald

(mt) Links sind Bäume, rechts sind Bäume. In der Mitte teilt die L311 nach Hänigsen den Wathlinger Forst in den Gutsforst zur Linken und den Bauernforst zur Rechten, in dem alt eingesessene Wathlinger Bauernfamilien Parzellen besitzen.

Bei Wathlingens Gründung reichte der Wald nahe an das Dorf heran. Jedem war es erlaubt, sich Brenn- und Bauholz sowie Beeren und Früchte zu nehmen und sein Vieh zur Mast in den Wald zu treiben. Als Wathlingen wuchs, wurde immer mehr Wald gerodet, um Ackerland zu gewinnen. Holz wurde plötzlich knapper. 1567 erließ der Herzog ein erstes Gesetz und beauftragte wohl die Familie von Dageförde mit der Aufsicht über den Wald. Gefällt werden durften nur trockene Eichen, die anderen brauchte man für die Viehmast. Die anderen Gutsfamilien beargwöhnten sich gegenseitig und die Dörfler sahen überhaupt nicht ein, dass sie nun beim Gutsherrn die Entnahme von Bau- und Brennholz beantragen sollten. Das gesamte 16. und 17. Jahrhunderts steckte voller Holzstreitigkeiten. Holzdiebstahl galt unter den Dörflern als „Kavaliersdelikt“.

Grundsätzlich behoben wurde das Problem erst, als im Zuge der großen Agrarreformen des 19. Jahrhunderts von Staats wegen auch der Wald aufgeteilt und neue Besitzverhältnisse geschaffen wurden. Die Familie von Lüneburg hatte bei der Verteilung des Waldes den Erstzugriff, erst danach wurde der verbleibende Wald unter den einheimischen Bauern aufgeteilt. Es dauerte noch ein halbes Jahrhundert voller Klagen und Einsprüche, bevor die Wathlinger Waldverhältnisse 1875 abschließend geklärt waren. Seitdem gibt es in Wathlingen – wie in vielen anderen Gemeinden – einen Guts- und einen Bauernforst.

Hans von Lüneburg erbte 1924 das Gut und den Forst. An der Forstakademie in Hannoversch-Münden hatte er Forstwirtschaft studiert. Er stellte den bis dahin kaum bewirtschafteten Gutsforst auf eine nachhaltige Forstwirtschaft um und pflanzte einen Mischwald aus Eichen, Eschen, Buchen, Roterlen und einigen Fichten und Douglasien auf den nassen und schwierigen Bodenverhältnissen. Der Kalibergbau und sein Salzstaub, der sog. „Engländereinschlag“ nach dem Zweiten Weltkrieg, der verheerende Orkan 1972 und der aktuelle Klimawandel brachten und bringen herbe Rückschläge für den Wathlinger Forst.

1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Weihnachtspyramide

(mt) Gute zehn Jahre war sie an unterschiedlichen Orten im Dorf eingelagert, bevor der Heimatverein Wathlingen die Weihnachtspyramide dieses Jahr mit Hilfe engagierter Wathlinger Alt– und Neubürger ganz im Sinne einer dörflichen Aktivkultur wieder aufbaute.

Die viereinhalb Meter hohe Wathlinger Weihnachtspyramide geht auf eine Initiative des inzwischen aufgelösten Wirtschaftsinteressenrings (WIR) zurück. 1999 schufen die Teilnehmer des Berufsförderungslehrgangs am Christlichen Jugenddorf Celle mit ihren Ausbildern die Pyramide. Die handgeschnitzten Figuren des Kirchenmalers und damaligen Ausbilders Reinhold Köhne machen dieses Kleinod zu einem wirklichen Unikat, das sich wohltuend von den üblichen Serienpyramiden auf den Weihnachtsmärkten der Städte unterscheidet. Allerdings entledigte  sich der WIR schon nach einem Jahr der zeitraubend aufzubauenden Pyramide und schenkte sie der Gemeinde Wathlingen. Sie ist dann wohl noch zwei- bis dreimal errichtet worden, bevor sie für Jahre in verschiedenen Magazinen verschwand. Als der Heimatverein sie entdeckte und abstaubte, fehlten zwar wesentliche Teile der Antriebsmechanik, die neu gebaut werden mussten, aber der Gesamtzustand ließ eine Wiedererrichtung machbar und sinnvoll erscheinen.

Die Wurzeln des Weihnachtspyramiden-Brauchtums reichen bis ins Mittelalter zurück. Schon damals hingen sich die Menschen immergrüne Zweige ins Haus, um sich während der Wintermonate vor Unheil und Krankheit zu schützen und auch als Zeichen der Hoffnung auf den Frühling. In anderen Gegenden erhellte man die dunkle Jahreszeit mithilfe von Licht. Beide Bräuche vereinten sich und im 18. Jahrhundert wurden in Kirchen erstmals Lichtergestelle aufgestellt. Diese Gestelle waren meist pyramidenförmige Lattengerüste, die teils mit Grünzweigen umwunden und mit zahlreichen Kerzen bestückt wurden.

Herstellung und Gebrauch von Weihnachtspyramiden gehören fest zur erzgebirgischen Volkskunst. Die ersten, sich drehenden Weihnachtspyramiden, dürften um 1800 entstanden sein. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren erzgebirgische Weihnachtspyramiden eher Einzelanfertigungen in Kleinstauflagen von geschickten Handwerkern hergestellt, die sie als Nebenverdienst schnitzten. Traditionell hat die Geburtsszene auf der Pyramide eine feste Position und dreht sich nicht mit, dagegen umkreisen die Heiligen Drei Könige, Hirten und Schafe die Geburtsszene.

Bis in die 30er Jahre war die Weihnachtspyramide ausschließlich häuslicher Weihnachtsschmuck in den Wohnstuben. Erst danach findet die Pyramide als Großpyramide unter dem Motto „Eine Pyramide für alle“ den Weg in die Öffentlichkeit und wird im Freien aufgestellt.

1000 Jahre Wathlingen: Die katholische Kirche St. Barbara

(mt) Am 4. Dezember werden in Erinnerung an die heilige Barbara Kirsch- oder Apfelbaumzweige abgeschnitten, in eine Vase mit Wasser gestellt und bis Heiligabend aufbewahrt. Die dann blühenden Zweige hellen die dunkle Winterzeit auf und bringen Glück fürs neue Jahr. Die junge und attraktive Barbara von Nikomedien ist eine der populärsten christlichen Heiligen. Sie soll im 3. Jahrhundert in Kleinasien gelebt haben. Weil sie sich weigerte, ihren christlichen Glauben aufzugeben, soll sie brutal gefoltert und schließlich von ihrem eigenen Vater enthauptet worden sein. Zuvor konnte sich die heilige Barbara eine Zeit lang vor ihren Häschern in einem Felsspalt verstecke. Die Bergleute haben aus diesem Versteck die Verbindung zur Welt unter Tage konstruiert und so wurde sie ihre Schutzpatronin. Es ist also nicht verwunderlich, dass im ehemaligen Bergmannsdorf Wathlingen die katholische Kirche ihren Namen trägt. Das zur Hauptstraße liegende Fenster zeigt mit Schlägel, Eisen und Grubenlampe Symbole des Bergbaus. Die Heilige ist auch Schutzpatronin der Baumeister, Feuerwehrleute, Artilleristen, Glockengießer und Sprengmeister.

Nach der Eröffnung des Kaliwerkes 1906 kamen bald die ersten katholischen Bergleute in das damals protestantisch geprägte Wathlingen. Um 1936 sollen hier etwa 100 Katholiken gelebt haben. Für einen eigenen Kirchenbau reichte ihre Zahl aber noch nicht. Das änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, als mit den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen weitere Katholiken nach Wathlingen kamen. 1950 wurde der katholische Wathlinger Seelsorgebezirk gegründet, der in einem Umkreis von 25 km 24 Ortschaften mit 1200 Gläubigen aus den späteren Samtgemeinden Wathlingen und Flotwedel umfasste. Gottesdienste feierten die Katholiken zunächst im Gasthaus Leinemann, in der Friedhofskapelle und in den Räumen der evangelischen Kirche. An diesen Orten mussten die Katholiken mehrere Auflagen beachten, so war z. B. die Verwendung von Weihrauch in der evangelischen Kirche strengstens untersagt. Die Notwendigkeit einer eigenen Kirche wurde im Laufe der 50er-Jahre immer offensichtlicher. 1960 wurde ein Kirchenbauverein gegründet. Als ein Bauplatz an der Hänigser Straße gefunden war, begann am 10. Dezember 1960 nach Plänen von Diözesenbaurat Josef Fehlig der Kirchenbau.  Es ist ein typischer gesichtsloser Standardbau der 60er-Jahre mit Platz für 300 Gläubige, der so oder ähnlich in vielen katholischen Gemeinden errichtet wurde.

Heute gehört die katholische Gemeinde Wathlingen zur Pfarrgemeinde St. Ludwig in Celle.

1000 Jahre Wathlingen: Die Kläranlage

(mt) „Wir klären das für Sie“, das Motto des Wathlinger Klärwerks klingt für uns selbstverständlich. Dabei gibt es das kommunale Klärwerk erst seit 60 Jahren. Mit der ständigen Erweiterung des Dorfes nach dem Kriege stieß die bis dahin praktizierte Untergrundverrieselung der Abwässer aus den Wohngebieten an ihre Grenzen. Eine einwandfreie Trinkwasserversorgung durch Hausbrunnen war nicht mehr überall gegeben.

Bereits 1953 regten das Kreiskulturbauamt und das Wasserwirtschaftsamt den Bau eines Schmutzwasserkanalsystems an. Die Kosten wurden auf eine Million D-Mark geschätzt. Wegen des nicht ausgeglichenen Haushalts stellte der Rat das Vorhaben „noch etwas zurück“. Seit 1955 gab das Land Niedersachsen zwar Finanzierungshilfen für Bauvorhaben zur Abwasserbeseitigung, aber erst als 1958 die hiesige Molkerei große Abwasserprobleme hatte, nahm man den Bau eines Schmutzwasserkanals in Angriff. Der einfache Plan, die ungeklärten Abwässer durch Oberflächenverregnung auf Grünflächen zu beseitigen, musste aufgegeben werden, weil es zu wenig geeignete Verregnungsgebiete gab. Daher stimmte am 22. Oktober 1959 der Wathlinger Rat dem Bau eines Klärwerks und eines Schmutzwasserkanals zu. Die Gemeinde kaufte das Gelände am Hasklintweg von der Kirche.

19 Kilometer Rohrleitungen wurden verlegt. Die veranschlagten Kosten stiegen, weil das geringe Gefälle in Wathlingen zusätzlich 4 Überpumpwerke erforderte. Das Klärwerk wurde für 6000 Einwohner ausgelegt. Das war ein ausreichender Puffer für ein zukünftiges Wachstum des Dorfes, das damals 4100 Seelen zählte.  Am 21. November 1963 erfolgte die offizielle Inbetriebnahme des Klärwerks im Rahmen einer kleinen Feier. Der anschließende Imbiss für die 32 Teilnehmer in der Gaststätte „Niedersachsen“ (Am Thie) wurde mit 404 D-Mark abgerechnet. Eine kleine Summe gemessen an den Gesamtkosten von 1,5 Millionen D-Mark. Zunächst im Dorfkern begonnen, schloss man weitere Straßenzüge an und erreichte 1966 die Kolonie. Das Dorf hatte abwassermäßig mit der Stadt gleichgezogen.

Diese Kläranlage reinigte nur die Abwässer der Gemeinde Wathlingen. Neben dem alten Klärwerksgelände wurde 1989 die Zentralkläranlage der Samtgemeinde mit einem biologischen Klärwerkssystem gebaut, die die Becken des alten Klärwerks integriert. Die Anlage reichte für 15.000 Einwohner und Adelheidsdorf und Nienhagen, die ihre Abwässer bis dahin „verregneten“, wurden angeschlossen. Der Ausbau schreitet stetig voran. 2023 soll die Anlage für 30.000 Einwohner ausreichen. Bis zum heutigen Tage wurden insgesamt 72 km Hauptkanalleitungen verlegt.

1000 Jahre Wathlingen: 4G-Park

(mt) Für die einen ist er ein Meilenstein auf Wathlingens Weg in die Zukunft, für andere ein schwarzes Loch, in dem Jahr für Jahr Steuergelder verschwinden: der golden in der Sonne leuchtende 4G-Park an der Kantallee.

Die Einwohnerzahl Wathlingens entwickelte sich Anfang des Jahrtausends ungünstig, das alte Dorfgemeinschaftshaus war marode und die Haupt- und Realschule beklagten für den kommenden Ganztagsbetrieb fehlende Räumlichkeiten. Die Gemeindepolitik musste handeln. Im Juni 2005 befasste sich der Gemeinderat noch mit Plänen für einen simplen Jugend- und Sportpark, aber bald wurde daraus die Idee eines Vier-Generationen-Parks für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren.

Die Finanzierung des 6-Millionen-Projekts war für die Gemeinde mit damals 6200 Einwohnern eine Herkulesaufgabe. Gelungen ist dies, weil Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Grube (SPD) und Gemeindebürgermeister Torsten Harms (CDU) von dem Konzept überzeugt waren, den Rat hinter sich wussten und bei den Ministerien der Landeshauptstadt gemeinsam auftraten. 2 Millionen Euro kamen von der EU, der Landkreis steuerte eine Million bei und die Stiftung Linerhaus beteiligte sich. Aber die Gemeinde musste immer noch runde zwei Millionen stemmen.
Am 11. Mai 2010 beauftragte der Gemeinderat einstimmig das Bremer Architektenbüro Haslob Kruse und Partner mit der Bauausführung. Der Komplex gliedert sich in zwei eigenständige Gebäudeteile, die über eine Vordachspange miteinander verbunden sind. Herzstück des Gebäudes ist der zweigeschossige Kubus der Mehrzweckhalle mit Mensa, Café und Kinobox. Zum Raumangebot gehören auch ein Restaurant, ein Jugendtreff, Seminarräumen und eine Fahrradwerkstatt.

Der erste Spatenstich für das Projekt erfolgte in einer Bürgeraktion am 2.Juli 2010, die Bauarbeiten begannen am 12. Oktober 2010. Den Grundstein für das Gebäude legte am 4. März 2011 die Niedersächsische Sozialministerin Aygul Özkan (SPD). Am 28. November 2012 wurde dann der 4G-Park mit einer Festwoche eröffnet.

Noch während der Bauarbeiten schockte der Landkreis im Sommer 2010 die Gemeinde mit seinem Plan, die Wathlinger Haupt- und Realschule nach Eicklingen zu verlegen. Für die Attraktivität unseres Dorfes wäre das ein Tiefschlag. Eine Delegation überzeugte den damaligen Landrat Klaus Wiswe (CDU) vom 4G-Konzept und tatsächlich entschied sich der Landkreis um. Er investierte mehr als 10 Millionen Euro in den Schulstandort Wathlingen mit einer Oberschule mit Gymnasialzweig. Ohne den Bau des benachbarten 4G-Park wäre das nicht gelungen.

1000 Jahre Wathlingen: Kunst in der Marien-Kirche

(mt) Wer die Wathlinger St. Marien-Kirche betritt, dessen Blick fällt sofort auf den mittelalterlichen Flügelaltar. Der künstlerisch und qualitativ hochwertige dreiteilige Flügelalter aus der Zeit um 1460 zeigt im Mittelrelief die Anbetung Jesu durch die drei Weisen aus dem Morgenland.

Dieses Motiv bringt damals wie heute die Menschen zum Nachdenken. Solange die drei Weisen dem Stern bedingungslos folgen, bleiben sie auf dem richtigen Weg. Als sie aber in Jerusalem ihrem Leitstern nicht mehr konsequent folgen, sondern sich am „gesunden Menschenverstand“ orientieren und den neugeborenen König im Palast des Regenten suchen, verfehlen sie beinahe ihr Ziel. Aber sie erkennen ihren Irrtum, fragen andere Gelehrte um Rat (übrigens ein Zeichen von Weisheit: Fremden Rat annehmen!) und gelangen doch noch an ihr Ziel. Am Ende finden sie mehr, als sie erhofft haben. Es ist eine Geschichte, in der wir immer wieder erhellende Blicke auf unsere Gegenwart erhaschen können.

Aus der Zeit vor 1695 ist über die Kirche und ihren Flügelaltar wenig bekannt. Das liegt mit Sicherheit an der großen Feuersbrunst von 1695, die einen Großteil des Dorfes, darunter auch das Pfarr– und Witwenhaus, vernichtete. Die Kirche selbst blieb wie durch ein Wunder von den Flammen verschont. Die beiden Seitenflügel des dreiteiligen Schnitzaltars sind in sechs Nischen unterteilt, in denen jeweils ein Apostel unter einem Baldachin steht. Auf der bemalten Außenseite sind Verkündigung, Geburt, Heimsuchung und Beschneidung Jesu dargestellt. Welcher bedeutende Holzschnitzer den Altar voll mitteilsamer Ausdruckskraft einst schuf, ist nicht bekannt. Nach Ansicht von Kunsthistorikern ist unser Altar vom gleichen Meister geschaffen, der auch den Altar der Klosterkirche in Wienhausen gestaltete.

Wer sich in der Kirche umsieht, entdeckt noch weitere Kunstschätze, die man in einer kleinen Dorfkirche nicht vermutet. Die adligen Familien stifteten immer wieder neben wertvollen Altargeräten, ein Kruzifix (um 1480), den Überrest eines Triumph-kreuzes (um 1480), wertvolle Epitaphien, eine Orgel (1707), einen Taufengel (18. Jh., leider stark beschädigt, auf dem Dachboden). Schließlich fallen die bunten figürlichen Kirchenfenster im Chor auf. Baron Alfons von Lüneburg stiftete sie 1901. Die renommierte Werkstatt „Henning & Andres“ aus Hannover führte sie aus.