Hänigsen
Das Wohnhaus des „Mauerheinken Hofes“, ehemalige Brinksitzerstelle 71, ist das älteste Hänigser Bauernhaus. Das Haus wurde 1656 als Dreiständerhaus von Hans Sandmann erbaut und stellt eine Sonderform des Niedersachsenhauses dar. Es überstand viele Feuersbrünste, die Hänigsen heimsuchten und auch den großen Brand von 1893, der fast ganz Hänigsen einäscherte. Es bliebt verschont, weil es bis vor hundert Jahren als Brinksitzerstelle weit außerhalb des Hänigser Ortskerns „Auf dem Moore“ lag. Daher stammt der alte Hofname „Mauerheineken“ (Moorheineke, Heinke = der auf dem Moor wohnt). Die Bebauung des Ortes hörte damals kurz hinter der Hänigser St. Petri Kirche auf.
In diesem Haus wurde 1735 die Mutter von Johann Friedrich Schecker geboren. Er war die Hauptperson in Fritz Reuters Buch „Ut mine Strotid“ und ging als „Onkel Bräsig“ in die Geschichte ein.
1965 wurde das Haus grundrenoviert und dient bis heute als Wohnhaus. Die Inschrift auf dem Hausbalken lautet noch heute: „Ich Trow und Bauw auf Gott – Befehl ihm Hoff und Gut der wolle Schutzherr sein – fuer Krieg und Feuers Gluth“.
Anfang des 20. Jahrhunderts vergrößerte sich die Einwohnerzahl von Hänigsen durch den Zuzug zahlreicher Bergmannsfamilien. Der Bau einer größeren Schule war unumgänglich. So nahm am 11. November 1911 die neue Hänigser Schule ihren Betrieb auf. Ihre Ähnlichkeit mit einer Kaffeemühle gab ihr im Volksmund ihren heutigen Namen. Dank einer Spende der damaligen Bergwerksgesellschaft konnte das Gebäude mit einem Türmchen sowie mit einer Uhr mit Schlagwerk ausgestattet werden.
Der hannoversche Architekt Lorenz entwarf die Schule für fünf Klassen und berücksichtige schon damals den städtischen Standard: Erstmals waren Schule und Kirche räumlich getrennt. Ihre Einweihung war damals ein großes, aufwendig inszeniertes Ereignis und fand auch über die Grenzen von Hänigsen hinaus große Beachtung. Die Schule wurde am nördlichen Rand des damaligen Dorfes erbaut. Das zuvor als Schule gediente kirchliche Gebäude am Pappaul verlor damit an Bedeutung für das öffentliche Leben.
Die Hänigser Bockwindmühle war über 240 Jahre in Betrieb und blickt auf eine 300-jährige Geschichte zurück. Der letzte Celler Herzog Georg Wilhelm erteilte 1704 gegen den Widerstand der Wind- und Wassermüller aus Dachtmissen, Burgdorf, Uetze und Wathlingen dem herzoglichen Oberförster Casper Wissel in Hänigsen die Genehmigung, eine Windmühle zu bauen. Demnach wurde die Mühle wahrscheinlich 1705/06 errichtet. Bis 1932 hatte die Mühle nachweislich 14 Pächter. Anschließend kaufte der Müller Richard Reiche aus Haimar die Mühle und baute als Antriebskraft einen Dieselmotor ein. Bis 1945 war die Mühle in Betrieb, stand dann still und drohte zu verfallen.
Ihre Rettung war 1962 der Celler Industriemüller Hans Schubotz: Er kaufte die Mühle, restaurierte sie aufwendig und fügte die heute noch sichtbaren Außenanbauten hinzu. Viele Jahre zählte sie zu den ältesten, gewerblich aktiv genutzten Bockwindmühlen Deutschlands. Das gewonnene Mehl wurde an die Hänigser Bäcker geliefert. Sie backten daraus das „Hänser Brot“, welches es bis heute noch gibt. Unterstützung für ihren Erhalt fand die Mühle vor allem durch den Hänigser Mühlenverein. 2008 wurde die Mühle in das Grundstück des „Seniorenheims an der Mühle“ integriert.
1274 wurde die Hänigser Kirche im Meinerschen Lehnsregister erwähnt, ihren heutigen Namen „St. Petri Kirche“ erhielt sie erst 1605. Sie wurde größtenteils aus Raseneisenstein erbaut, der in der Hänigser Feldmark vorkommt. 1475 wurde das Kirchen- schiff nach Westen verlängert. 1583 wurden erstmals Vorhallen an der Nord- und Südseite der Kirche erwähnt. Bei einem Ortsbrand 1647 brannte die Kirche bis auf die Umfassungsmauern nieder und konnte vorerst nur notdürftig wieder aufgebaut werden.
1687 bekam das Gebäude einen Kirchturm, der die Kirche um 5 Meter nach Westen verlängert. Anfang des 18. Jahrhunderts, genau 1720, wurde im Inneren ein hölzernes Flachtonnen-Gewölbe eingezogen. 1927 erfolgt eine Renovierung des Kircheninneren, wobei der Bau an der Nordseite einen Anbau mit Treppenaufgang zur Empore erhielt, die im 17. Jahrhundert in die Kirche eingebaut wurde. In den 1960-er Jahren wurde die Kirche erneut innen und außen renoviert und ein Rechteckchor wurde an der Ostseite angebaut. 2007 erfolgt eine weitere Innenrenovierung.
Das Läutewerk der St. Petri Kirche umfasst vier Glocken. Die älteste Glocke aus dem Jahr 1649 läutet noch heute. Die mechanische Turmuhr mit Schlagwerk von 1886 wird einmal wöchentlich von Hand aufgezogen.
Die Hänigser Teerkuhlen wurden erstmals im Jahr 1546 vom Chemnitzer Arzt und Naturforscher Georg Agricola in einem geologischen Fachbuch erwähnt. Es handelt sich hier um eines der ältesten, urkundlich erwähnten Erdölvorkommen in Norddeutschland. Das dickflüssige Öl, auch Teer genannt, stammt aus einer leckenden Lagerstätte im Randbereich des Hänigser Salzstockes. Da es leichter als Wasser ist, gelangt es über das Grundwasser zu Tage. Das „Hängiser Teer“ wurde von den Teerkerlen im Auftrag der Bauern aus etwa 50 Kuhlen gewonnen und in Kiepen und Schubkarren regional vermarktet. Es fand vor allem als Wagenschmiere sowie als Heilmittel für Mensch und Tier Verwendung. Die jährliche Ausbeute schwankte zwischen ca. 30 und 300 Litern.
Nach den ersten ertragreichen Ölbohrungen Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Kuhlen weitestgehend eingeebnet. Erst 1968 entdeckten Mitglieder des Heimatbundes auf einer der ca.15 verbliebenen Senken braune Flecken im Schnee. Daraufhin konnte die zwei Meter tiefe Originalverschalung einer Teergrube freigelegt werden. Die freigelegte Kuhle ist der einzige voll erhaltene Ölschacht in Deutschland. Bis heute holen die Teerkerle immer noch rund 10 l Öl im Jahr aus der Grube.