Streit um den Wiederaufbau der Kirche
Nach dem großen Uetzer Brand am 21. April 1863 ist kein Geringerer als der Konsistorial- und Hofbaumeister Conrad Wilhelm Hase mit dem Wiederaufbau der evangelisch-lutherischen Kirche beauftragt worden. Den Auftrag, die Schäden am Gotteshaus zu begutachten, hat der berühmte Architekt, der als bedeutender Vertreter der Neogotik gilt, am 8. Mai 1863 - drei Tage, nachdem der König Georg V. das notleidende Dorf besucht hatte - vom Monarchen erhalten.
Wie den größten Teil des Dorfes hatte das Feuer auch das Gotteshaus in Schutt und Asche gelegt. Es war ausgebrannt. Der Turm war baufällig. Die Außenmauern hingegen waren stehen geblieben und wenig beschädigt. Nach der Begutachtung legte Hase dem Kirchenvorstand seine Wiederaufbaupläne vor. Er schlug vor, die wenig beschädigten Seitenwände stehen zu lassen und in den Neubau einzubeziehen. Den Turm wollte er abtragen und mit den alten Baumaterialien neu errichten. Er sprach sich dafür aus, die östliche Außenmauer abzureißen, um im Osten einen Chor aus Backsteinen anzubauen. Außerdem plante Hase, im Innern Arkaden und Säulen einzuziehen.
Doch der Kirchenvorstand wollte von Hases Plänen nichts wissen. Er schrieb dem berühmten Architekten am 1. Dezember 1863, dass der Kirchenvorstand eine exakte Wiederherstellung der Kirche und eine Reparatur des abbruchreifen Turms wünsche. Das bisherige rechteckige Gotteshaus habe ausgereicht. Außerdem würden die geplanten Verzierungen und Änderungen wohl der Gemeinde nicht gefallen, teilte der Kirchenvorstand dem Hof- und Konsistorialbaumeister mit.
Hase antwortete spöttisch: „Bekanntlich lieben überall die Landleute … solche einfachen viereckigen Räume und sträuben sich von vornherein stets gegen eine aus dem Wesen des Cultus sich ergebende compliziertere Gestaltung des Grundrisses.“ Schließlich setzte sich Hase durch, was auch heute noch auf den ersten Blick ersichtlich ist. Um eine optische Verbindung zwischen dem angebauten Chor und den alten Außenmauern zu schaffen, hat er an den erhaltenen alten Seitenwänden oben einen sogenannten Zierziegelfries angebracht.
Nach Hases Plänen wurden auch das Pfarrhaus, das Küsterhaus und die Schule an der Kirchgasse aufgebaut. Am Pfarr- und am Küsterhaus ist wie an der Johannes-der-Täufer-Kirche Hases Handschrift immer noch deutlich zu erkennen. Das Schulgebäude an der Kirchgasse, das die Uetzer Rektorhaus nannten, ist in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts abgerissen worden. (fws)