1000 Jahre Wathlingen: Das Ehrenmal
(mt) Ein Volk, eine Nation definiert sich nicht nur durch seine biologische Abstammung, sondern wesentlich durch seine gemeinsamen Erinnerungen und Erzählungen. Kriegserinnerungen bleiben dabei ganz besonders im Gedächtnis aller Völker. An dem gemeinsamen (oder kollektiven) Gedächtnis wird von den Menschen, den Medien und der Politik ständig „gearbeitet“. Etwas kommt hinzu, anderes wird ins Abseits gestellt, wieder anderes wird umgedeutet.
Wathlingens Ehrenmal ist ein Teil dieses gemeinsamen Gedächtnisses. 1920 beschloss die Gemeinde für die 72 Wathlinger, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben ließen, an der Ecke Am Schmiedeberg/Schulstraße ein Denkmal zu errichten. Die Familien werden mit ihrer Trauer nicht allein gelassen, denn die Dorfgemeinschaft fängt sie auf, indem sie die Erinnerung an die Gefallenen wachhält. Am Himmelfahrtstag 1922 wurde das Denkmal mit einem würdigen Festakt eingeweiht. Nur 23 Jahre später mussten die Wathlinger 302 Gefallene und Vermisste des Zweiten Weltkrieges betrauern.
Das alte Ehrenmal war durch Witterungseinflüsse so baufällig geworden, dass es 1955 abgerissen werden musste. Nachdem 1954 die Gemeinde das Gelände auf dem Schmiedeberg erworben hatte, bot sich die Möglichkeit für eine großzügige Umgestaltung des Platzes zu einem Park. Hier sollte ein neues Mahnmal seinen Platz finden.
Der Denkmalausschuss der Gemeinde schloss zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges am 16. Mai 1955 seine Planungsarbeiten für ein neues Denkmal ab. Finanziert wurde es ausschließlich durch Spenden. Der Bielefelder Bildhauer Karlheinz Rhode-Jüchtern schuf ein viereckiges Mahnmal aus Kirchheimer Muschelkalk. Das Relief der Vorderseite zeigt stehend einen gefallenen Krieger, der ein großes Kreuz in den Händen hält, die linke Seite ist den Opfern von Flucht und Vertreibung, die rechte Seite den Vermissten und Gefangenen gewidmet. Die Rückseite zeigt die Inschrift: „Den Toten zur Ehre † Den Lebenden zur Mahnung. 1914/18 \ 1939/45“. Neben den gefallenen Soldaten und den Opfern von Flucht und Vertreibung rückt das Mahnmal die Mahnung zum Frieden ins Bewusstsein der Lebenden.
Am Volkstrauertag 1955 übergab Gemeindedirektor Kühn in Anwesenheit von Vertretern aller Vereine und Verbände in einer Feierstunde der Gemeinde das Mahnmal. Der evangelische Pastor Conrad hielt unter Beteiligung des katholischen Dorfgeistlichen die Weiherede und nannte die Gedächtnisstätte, so schrieb es die CZ, einen Sammelpunkt der inneren Einkehr und des stillen Gedenkens.