1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens weißes Gold

(mt) 1905 bricht für das eher konservative und unscheinbare Bauerndorf Wathlingen ein neues Zeitalter an.

Chemiker erkannten Mitte des 19. Jahrhunderts den Wert der Kalisalze für die Landwirtschaft. Jede Pflanze benötigt Kalium zur Umwandlung von Traubenzucker (Glucose) in Stärke. Die Photosynthese wird intensiviert und der Aufbau von Eiweiß beschleunigt. Wachstum und Ertrag der Pflanzen steigen. Kalisalze können aber noch mehr. Hochreines Kali etwa ist ein wichtiger Bestandteil von Infusionslösungen. Kali ist ebenfalls ein begehrter Rohstoff für die Pharma- und Kosmetikindustrie.

Nachdem in Wathlingen umfangreiche Kalilagerstätten entdeckt wurden, begannen 1905 die bergmännischen Arbeiten für die Abteufung des „Kalischachts Niedersachsen“. Schon 1911 verfügte das Kalibergwerk Niedersachsen-Riedel über einen eigenen Gleisanschluss nach Ehlershausen. Wathlingen veränderte sich. Aus dem Bauerndorf wird ein Dorf mit Arbeitern und Angestellten im Industrie- und Dienstleistungsgewerbe. Geschäfte und Handwerksbetriebe siedeln sich an. Die Einwohnerzahl stieg Jahr für Jahr. Nach und nach entstand außerhalb des alten Dorfes die „Kolonie“ mit den Wohnhäusern für die Bergleute und ihre Familien. Die nächsten neun Jahrzehnte verdienten die Wathlingerinnen und Wathlinger gut am Kaliabbau. Sogar einen Weltrekord konnte Wathlingen vorweisen: Mit 1.525 Metern gab es hier den tiefsten Kalischacht der Welt.

Aber 1997 war plötzlich Schluss. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung übernahm Kali und Salz die ostdeutschen Kaliwerke. Diese Lagerstätten waren ergiebiger und das „weiße Gold“ war zum Beispiel im sachsen-anhaltinischen Zielitz wirtschaftlicher zu fördern als in Wathlingen. Der einst größte Arbeitgeber verließ das Dorf. Von den alten riesigen Fabrikgebäuden ist nichts mehr zu sehen. Nur der Kaliberg zeugt noch vom einstigen Wohlstand und bereitet heute den Verantwortlichen Kopfzerbrechen.

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